Storkows Bürgermeisterin: „Mir fehlen die Gespräche mit den Bürgerinnen und Bürgern sehr“

Cornelia Schulze-Ludwig (SPD) ist 44 Jahre alt und seit 2011 Bürgermeisterin von Storkow (Mark). 2019 trat sie ihre zweite, acht Jahre dauernde Amtszeit an. Foto: Marcel Gäding
Cornelia Schulze-Ludwig (SPD) ist 44 Jahre alt und seit 2011 Bürgermeisterin von Storkow (Mark). 2019 trat sie ihre zweite, acht Jahre dauernde Amtszeit an. Foto: Marcel Gäding

Storkows Bürgermeisterin Cornelia Schulze-Ludwig (SPD) zieht zum Jahresende Bilanz, treibt noch wichtige Entscheidungen voran. Doch von einem Tag auf den anderen wurde ihre Arbeit coronabedingt auf eine harte Probe gestellt. Ein Interview mit ihr war nur per Telefon möglich. Zum Zeitpunkt des Gesprächs befand sich die Bürgermeisterin in häuslicher Isolation, die inzwischen wieder aufgehoben ist.

Seit einigen Tagen befinden Sie sich in häuslicher Quarantäne. Wie geht es Ihnen?
Mir geht es gut. Eine Mitarbeiterin aus meinem Bereich wurde positiv auf Covid-19 getestet. Das war ein ganz schöner Schock. Unmittelbar danach habe ich mich, wie andere Mitarbeiter auch, testen lassen. Bei uns wurde das Virus glücklicherweise nicht nachgewiesen. Allerdings befinden wir uns nach Rücksprache mit dem Gesundheitsamt in Quarantäne. Das ist, ich kann es nicht anders sagen, sehr nervig!

Wie war Ihre erste Reaktion nach Bekanntwerden des Coronafalls in Ihrem Arbeitsumfeld?
Um ehrlich zu sein, so etwas haut einem die Beine weg. Zunächst wurden wichtige Sitzungen abgesagt, darunter die Verbandsversammlung des Wasser- und Abwasserzweckverbandes WAS. Dort sollte es eigentlich um die Rückzahlung von Beiträgen gehen sowie um die Umstellung des Finanzierungskonzeptes. Auch bei der Dezembersitzung der Stadtverordnetenversammlung konnte ich nicht persönlich dabei sein, ließ mich via Skype dazu schalten. Wir sind jedoch weiterhin arbeitsfähig: Mein Team und ich arbeiten zu Hause, während meine Stellvertreterin Joana Götze und Mitarbeiter aus anderen Fachbereichen die Stellung im Bürgermeisterbüro halten. Zwar ist das alles ärgerlich. Doch wir wollen und dürfen keine anderen Menschen gefährden. Daher sollte man schon so verantwortungsvoll sein und die Anweisung des Gesundheitsamtes befolgen.

Die Infektionszahlen steigen, ein Ende ist nicht in Sicht. Welche Rolle spielt da die Digitalisierung beispielsweise für Gremiensitzungen?
Wir haben in der Dezembersitzung der Stadtverordnetenversammlung einen Beschluss gefasst, dass wir uns auch über Video- und Telefonformate abstimmen, Gremiensitzungen gegebenenfalls online abhalten. Auf diese Weise sichern wir ab, dass wir beschlussfähig und vor allem arbeitsfähig bleiben.

Welche Auswirkungen hatte die Corona-Pandemie bislang auf die Arbeit der Stadtverwaltung?
Seit März sind wir einigermaßen gut durch die Pandemie gekommen. Wir konnten für die Stadt Storkow (Mark) alle Entscheidungen treffen. Dank eines tollen Teams konnten wir pünktlich zum Jahresende sogar den Haushalt für das kommende Jahr beschließen. Erfreulich ist, dass Corona bislang keine großen Auswirkungen auf unseren Haushalt hat. Bedauerlich ist, dass wir so ziemlich alle öffentlichen Veranstaltungen absagen mussten, das Vereinsleben oder die Ausbildungsdienste bei unseren Freiwilligen Feuerwehren ausfallen. Mein Terminkalender ist an den Wochenenden leer. Mir fehlen die Gespräche mit den Bürgerinnen und Bürgern sehr. Ansonsten gab es lediglich bei einigen Bauprojekten oder bei der Erstellung von Konzepten einige Verzögerungen. Wir arbeiten im Moment sehr auf Distanz, haben alle Einzelbüros, sind sogar auf Büros im Feuerwehrgebäude ausgewichen. Die Führungskräfte arbeiten im Wechsel im Rathaus oder zu Hause. Allerdings ist Home-Office nur bedingt optimal.

Inwiefern?
Zunächst erschwert es doch unsere Arbeit, weil es schon wichtig ist, Dinge persönlich zu besprechen, sich auszutauschen oder Themen durchzudiskutieren. Und nicht alle Mitarbeiter können ins Home-Office, beispielsweise die Kollegen vom Einwohnermeldeamt, vom Ordnungsamt oder vom Bauhof.

Der Dezember ist auch Zeit des Rückblicks. Wie sieht Ihr Fazit aus?
Es gibt eine ganze Reihe von Projekten, auf die ich sehr stolz bin. Da ist beispielsweise der Rufbus, der nach mehr als zwei Jahren Diskussion eingeführt wird. Schön ist, dass die unbewohnten Wohnblöcke in der Fürstenwalder Straße endlich weg sind, der zweite Rettungsweg auf der Burg in Angriff genommen wurde. In den Ortsteilen wurde öffentliches WLAN installiert. Der Jugendclub hat ein neues Domizil, und der Hort wurde erweitert. Auf dem Campus der Europaschule entstand eine neue Außensportanlage, außerdem wurde die Fassade saniert. Zudem konnte am Hauptgebäude ein Sonnenschutz angebracht werden. Wir haben drei neue Kleinlöschfahrzeuge für die Feuerwehren angeschafft, der Bau des Radweges nach Tschinka hat begonnen, darüber reden wir schon über 15 Jahre, usw.

Ein Dauerthema ist Tesla.
In der Tat. Einerseits, weil nun auch Arbeitskräfte gesucht werden und unsere Storkower Unternehmen befürchten, dass sie Personal verlieren. Das bereitet mir Sorgen. Andererseits muss es gelingen, die notwendige Infrastruktur so gut es geht auszubauen. Es liegt jetzt auch an uns, weitere Wohnbauflächen auszuweisen. Die Chancen sind aber da: Wir können junge Familien in die Region holen. Dies allerdings nicht nur durch Tesla, sondern durch den Siedlungsdruck aus Berlin, der bis in unsere Region reicht.

Die brauchen aber auch ein gutes Angebot an Kita- und Schulplätzen.
Der Gedanke, die Europaschule wieder um eine Sekundarstufe II zu erweitern, an der das Abitur abgelegt werden kann, ist bereits in der Diskussion. Außerdem befinden wir uns angesichts steigender Schülerzahlen im Gespräch mit unserer Nachbargemeinde Heidesee. Von dort kommen viele Schüler zur Schule nach Storkow (Mark). Vorstellbar wäre, dass die Europaschule in Heidesee eine Filiale eröffnet. Erste Gespräche sind geführt, als nächstes machen wir gemeinsame Termine im Bildungsministerium. Auch soll es in der Innenstadt nahe der Burg einen weiteren, neuen Kinderspielplatz geben.

Wovon soll das bezahlt werden?
Momentan stehen viele Fördermittel für die Infrastruktur bereit. Diese zu beantragen und abzurechnen ist zwar ein großer Aufwand, aber den scheuen wir nicht.

Wohnraum ist jetzt schon knapp. Wo sollen Zugezogene wohnen?
Unsere Storkower Wohnungsbaugesellschaft ist sehr gut ausgelastet. Wir werden also nicht umhinkommen, neue Wohnungen zu bauen. Ein guter Standort wäre das Areal des einstigen Getränkeherstellers Helios in der Altstadt. Außerdem sind wir dabei, weitere Baugebiete zu eruieren, und in Küchensee wird ein Wohnblock komplett saniert. Dort entstehen über 30 neue Wohnungen.

Bis zum neuen Jahr sind es nur noch wenige Tage. Was steht 2021 als Erstes an?
Der Start ins neue Jahr wird anders sein als sonst. Einwohnerversammlung und Neujahrsempfänge werden abgesagt. Das ist schon ein bisschen deprimierend. Die Informationen, die ich normalerweise in der Versammlung mit den Einwohnern gebe, bereiten wir digital für unsere Homepage auf. Das ist zwar nicht dasselbe, aber wenigstens etwas.  Trotzdem – wir haben viel vor und vor uns liegen etliche Projekte. Wichtig ist, dass wir unbeschadet durch die Krise gehen. Für den Jugendclub müssen wir einen endgültigen Standort finden, denn in dem von uns angemieteten Objekt kann er nur fünf Jahre bleiben. Wir beschäftigen uns jetzt schon mit unseren Fernwärmeverträgen, die 2023 auslaufen. Da hängen großen Kredite aus den 1990er-Jahren dran und die Wärmepreise für die Mieter der WBG und einige öffentliche Gebäude wie Hort, Kita und Schule. Für die Freiwilligen Feuerwehren steht der Kauf von einem Hilfslöschfahrzeug, einem Tanklöschfahrzeug und einem Löschfahrzeug an. Allein diese Investition beträgt mehr als 1,2 Millionen Euro, wird allerdings mit ca. 60 Prozent gefördert. Außerdem wollen wir eine Immobilie in Kehrigk kaufen, die als Dorfgemeinschaftshaus genutzt werden soll. In Kummersdorf werden die Mittel für die Planung eines neuen Feuerwehr- und Gemeindezentrums bereitgestellt, während auch die Planungen für den Anbau bzw. Neubau der Feuerwehrgerätehäuser in Görsdorf und Groß Schauen losgehen. In der Altstadt-Turnhalle beginnt der zweite Bauabschnitt für die Sanierung, außerdem starten wir mit der Planung für die Sanierung der Hort-Turnhalle. Ein größeres Projekt wird auch der Umbau der Dauerausstellung auf der Burg sein. Die Europaschule soll eine digitale technische Infrastruktur erhalten.

Wie sehen Ihre Weihnachtsfeiertage aus?
Ich werde Zeit mit meiner Familie verbringen – und mit unserem jüngsten tierischen Mitglied Maila, ein schokobrauner Labrador, der vor wenigen Wochen bei uns einzogen ist. Da sind viele Spaziergänge geplant. Ich hoffe ja auf Schnee und darauf, dass unser See mal wieder zufriert. Das wäre traumhaft. Silvester wird es auch sehr ruhig. Unsere traditionelle Party in der Darre, die ich im Ehrenamt gemeinsam mit den Mitgliedern unseres Festvereins in Alt Stahnsdorf organisiere, fällt aus. Das wird schon etwas komisch.

Das Gespräch führte Marcel Gäding.