Vor gut einem Jahr wurde die Fischerei Köllnitz eG privatisiert. Die neuen Eigentümer setzen auf Fischerei, aber auch auf Landwirtschaft. Von Marcel Gäding
Kerzengerade zieht der Qualm aus dem Räucherofen in den blauen Brandenburger Winterhimmel. Gleich nebenan decken sich Berliner Tagesgäste mit Aal ein. Auf dem Gelände der Fischerei Köllnitz eG gibt es keine Pause, Saison ist quasi immer. Und an kaum einem anderen Ort in der Region gibt es den Fisch so frisch wie am Ufer der 960 Hektar umfassenden Groß Schauener Seenkette. Täglich werden Zander, Hecht, Karpfen, Aal und Schlei gefangen, vor Ort per Hand verarbeitet und direkt verkauft. Sieht man mal von den wenigen mobilen Fischhändlern ab, die vornehmlich auf Marktplätzen stehen, ist die Fischerei Köllnitz der einzige Ort in der Gegend, an dem es täglich frischen Fisch zu kaufen gibt.
Was kaum ein Stammbesucher oder Tagesgast mitbekommen hat, ist der Eigentümerwechsel, der sich Anfang dieses Jahres vollzog. Denn die 1956 gegründete Genossenschaft ist in die Jahre gekommen, die meisten der ehemals 13 Mitglieder schon weit über 60 Jahre alt. „Wir sind an unsere Altersgrenze gelangt“, sagt Peter Witzke, der langjährige Vorstandsvorsitzende der Fischereigenossenschaft Köllnitz eG. Weil sich aber keine jüngeren Kollegen fanden, schlugen die Mitglieder einen ungewöhnlichen Weg ein. 2015 fiel der Beschluss, die Genossenschaft zu privatisieren. Auf eigene Faust machte sich Peter Witzke auf die Suche nach potenziellen Interessenten – verbunden mit dem Ziel, dass das Lebenswerk der Männer und Frauen weitergeführt und das Areal an der Groß Schauener Seenkette fit für die Zukunft gemacht wird. Immerhin ging es letztlich auch um den Erhalt von rund 20 Arbeitsplätzen. Als sich Witzke schließlich an Thomas Hölzel, den Gründer der Artprojekt-Unternehmensgruppe aus Berlin, wandte, landete er sozusagen einen Volltreffer. Denn Hölzel gehörte lange zu den Stammkunden der Fischerei – und wusste, welches Kleinod dort zu erhalten ist. Mit der Gegend ist Thomas Hölzel bestens vertraut. Sein Unternehmen investiert seit geraumer Zeit in Bad Saarow in Wohnungen, Gewerbeflächen, neue Hotels und gastronomische Einrichtungen. „Uns ging es darum, dass die Fischerei in guten Händen bleibt“, sagt Peter Witzke. Und so übergab er nach eigenen Worten einen „gut sortierten, schuldenfreien Laden“.
Nach fast einem Jahr kann Witzke ein erstes Fazit ziehen – und das fällt positiv aus. Denn die auf Immobilien spezialisierte Artprojekt-Unternehmensgruppe erwies sich als richtige Wahl. Der Eigentümerwechsel ging unaufgeregt über die Bühne, das Konzept der Fischerei Köllnitz eG blieb im Wesentlichen unverändert. Hier und da habe man nach Angaben des Artprojekt-Geschäftsführers Maurice Freiherr von Dalwigk einige kosmetische Änderungen vorgenommen – beispielsweise in den Köllnitzer Fischerstuben. Dort passten die neuen Betreiber gemeinsam mit dem Chefkoch auch die Speisekarte an. Alle Mitarbeiter konnten ihren Job behalten, neue Kollegen sollen eingestellt werden. „Als Unternehmensgruppe gehen wir ganzheitlich an das Thema heran“, sagt von Dalwigk. Mit dem Kauf der Fischerei schuf die Artprojekt-Unternehmensgruppe einen neuen Firmenzweig, der „Farms & Fisheries“ genannt wird. Ganz praktisch bedeutet dies, dass neben der Fischerei die regionale Landwirtschaft einen Schwerpunkt ausmachen wird. Kleine landwirtschaftliche Flächen oder Streuobstwiesen wolle man erwerben, um regionale Lebensmittel nachhaltig selbst zu erzeugen. Die sollen dann, gemeinsam mit dem Fisch aus Köllnitz, auch auf die Teller der beiden Restaurants „Freilich am See“ sowie „amiceria“ kommen, die von der Artprojekt-Gruppe in Bad Saarow betrieben werden. Maurice Freiherr von Dalwigk denkt sogar einen Schritt weiter: So ist in Bad Saarow die Eröffnung eines Fischladens geplant, für den eine eigene Marke kreiert wird. Zudem ist die Rede davon, in absehbarer Zeit die regionalen Produkte auch in Berlin zu vermarkten. Ein entsprechendes Konzept werde derzeit erarbeitet, sagt von Dalwigk.
Nachhaltig, aber unaufgeregt wird es vor Ort in Köllnitz weitergehen: Denn Bewährtes wie der Hofladen, das Hotel, das Restaurant und die Fischerei sollen wie in der Vergangenheit mit der Naturerlebniswelt der Sielmann-Stiftung eng verbunden sein. Maurice Freiherr von Dalwigk spricht von einem behutsamen Wandlungsprozess. So werde man prüfen, ob es sinnvoll sei, in eine Aquakulturanlage zu investieren. Gespräche gibt es auch mit den Jagdpächtern in der Region, um verstärkt Wildprodukte mit auf die Karte der Köllnitzer Fischerstuben zu nehmen.