Schottische Hochlandrinder in Bugk: die Schulzes und das liebe Vieh

Stephan (links) und Björn Schulze auf einer der beiden Weiden in Bugk. Das Futter für ihre Schottischen Hochlandrinder bauen sie selbst an. Foto: Marcel Gäding
Stephan (links) und Björn Schulze auf einer der beiden Weiden in Bugk. Das Futter für ihre Schottischen Hochlandrinder bauen sie selbst an. Foto: Marcel Gäding

Als Stephan und Björn Schulze mit ihrem Pick-up um die Ecke biegen, heben Bulle Max, Leitkuh Liberty und die anderen Tiere kurz den Kopf. Während die beiden Brüder frisches Wasser und Futter liefern, kauen die Schottischen Hochlandrinder genüsslich weiter auf ihrem Heu. Die Herde wirkt trotz des winterlichen Wetters gelassen. Das Thermometer zeigt minus acht Grad Celsius. „Bei diesen Temperaturen hält sich der Bewegungsdrang der Tiere in Grenzen“, sagt Stephan Schulze. Die Rinder teilen sich die mit der Nahrung aufgenommene Energie gut ein.

2005 kaufte sich Stephan Schulze von einem Hobbyzüchter aus Birkholz bei Münchehofe (Landkreis Dahme-Spreewald) zwei Schottische Hochlandrinder. „Unsere Familie hatte eigentlich immer mit Landwirtschaft zu tun“, sagt der 43-Jährige. Nach der Wende lohnte sich die Viehhaltung kaum noch. Und doch entschied sich der Bugker, eine Hobbyzucht aufzubauen und Rinder zu halten, weil er irgendetwas in dieser Richtung machen wollte. Zunächst versuchte er sich an Galloways. „Dann bekam ich den Tipp mit den Schottischen Hochlandrindern.“ Die seien viel genügsamer und friedfertiger, erklärt Schulze. Allerdings lässt sich mit dieser Rasse kaum Geld verdienen, weil sie im Gegensatz zu den konventionellen Rinderrassen deutlich weniger Fleisch liefert. Darum geht es Stephan Schulze aber auch nicht. „Das ist ein Hobby im Nebenerwerb.“

Aktuell betreuen die Schulzes zwei Herden auf zwei Weiden: Auf der Mutterkoppel stehen der Bulle, die Leitkuh, die Muttertiere und der Nachwuchs. Wenige Hundert Meter weiter grasen die etwas älteren Tiere. Wegen ihres dicken, zotteligen Fells und den Fettreserven kommen sie gut mit Temperaturen von bis zu -15 Grad Celsius aus. Ihnen machen extreme Winter nichts aus. Einen Stall haben die Tiere jedenfalls noch nie gesehen. „Wichtig ist, dass sie bei Minusgraden eine trockene Unterlage haben“, sagt Stephan Schulze. Die besteht aus Heu, das regelmäßig angeliefert wird. Schwierig wird es im Winter nur mit dem Wasser, das sonst aus automatischen Tränken kommt. „Da müssen wir dann für alle Rinder bis zu 300 Liter täglich anfahren“, berichtet Björn Schulze. Weil sie robust und abgehärtet sind, muss nur selten ein Tierarzt vorbeischauen. So läuft das Kalben in der Regel ganz allein ohne menschliches Zutun.

Klar ist aber: So ein Hobby mit rund 20 Tieren in zwei Herden kostet Zeit. Viel Zeit. „Im Sommer kann es nach der Arbeit schon mal von 16 bis 22 Uhr dauern, vor allem, wenn wir Heu machen“, sagt Björn Schulze. Und im Winter müssen drei bis vier Stunden eingeplant werden, um die Tiere mit Futter und Wasser zu versorgen oder die Weideflächen vom Eis zu befreien. An lange Urlaube in der Ferne ist da nicht zu denken. „Wir fahren vielleicht mal eine Woche weg“, sagt Stephan Schulze. „Allerdings getrennt, damit immer einer von uns vor Ort ist“, ergänzt sein Bruder Björn. Ohnehin sind die beiden ein eingespieltes Team: Benötigt der 35-jährige Björn Hilfe bei seinen 28 Bienenvölkern, ist Stephan zur Stelle. Umgekehrt hilft er Stephan bei der Versorgung der Rinder oder bei den vielen handwerklichen Tätigkeiten, die auf den Weiden anfallen. Immerhin müssen immer wieder Zäune repariert oder Rinder auf eine Weide gebracht werden. „Das alles funktioniert nur, wenn die Familie mitspielt“, sagt Björn Schulze. Ihr Hobby sei nicht allein ihre Angelegenheit, „das ist ein richtiger Familienbetrieb“. Denn zur Versorgung der Tiere und dem eigenen Futteranbau kommt der bürokratische Aufwand. Jedes Rind hat einen eigenen „Pass“ sowie eine eigene Ohrmarke, zudem müssen Tierbestandsbücher geführt und einmal im Jahr Blutproben organisiert werden. Als Belastung empfinden Schulzes es aber nicht, Zeit für ihre Tiere einzuplanen. Theoretisch könnte er stundenlang auf der Weide bei seinen Rindern sein, sagt Stephan. „Wir leben mit der Natur und von der Natur.“

Die Hochlandrinder sind inzwischen kleine Stars in Bugk. Denn in ganz Storkow gibt es nur drei Familien, die diese Rasse halten. Vor allem im Sommer kommen die Schulzes oft mit Spaziergängern oder Radfahrern ins Gespräch, die aus sicherer Entfernung die Schottischen Hochlandrinder bestaunen. Da werden schon mal Fragen zur Haltung oder zu den Tieren beantwortet. Die Rinder reagieren stets neugierig auf die Zaungäste, allerdings immer mit viel Vorsicht. Auch wenn sie genügsam sind, sollte man ihnen keinesfalls zu nahekommen oder gar die Elektrozäune überwinden. „Die sehen von weitem ganz knuffig aus“, räumt Stephan Schulze ein. „Doch es sind keine Kuscheltiere, daher ist immer ein gewisser Abstand zu wahren.“ Man dürfe nicht vergessen, dass die Schottischen Hochlandrinder einen ganz eigenen Charakter haben.

Wer sich Zeit nimmt, wird vor allem vom Sozialverhalten der Tiere fasziniert sein. Wenn beispielsweise die Kälber fressen, übernimmt eine ältere Kuh Wache und passt auf den Nachwuchs auf. Legen sich die Tiere zur Ruhe, finden die Jüngeren in der Mitte Platz, während die Älteren um sie herum positionieren. Kommt ein Jungtier zur Welt, ist das für die Herde ein wahres Ereignis. Dann schauen in der Regel alle zu.

Für die beiden Brüder ist die Haltung und die Zucht der Schottischen Hochlandrinder allerdings mehr als bloßer Zeitvertreib. Denn sie leisten gleichzeitig einen Beitrag, dass diese Rasse erhalten bleibt. Hin und wieder kaufen sie von anderen Haltern Tiere, um Inzucht zu vermeiden, oder geben aus ihrem Bestand Rinder ab. Ein großes Geschäft machen sie aber nicht. Wird mal geschlachtet, dann nur für den Eigenverbrauch. „Da wissen wir aber, was auf den Tisch kommt, weil wir sehen, wie die Tiere aufwachsen“, sagt Björn Schulze. Während konventionelle Rinder schon mal nach einem Dreivierteljahr geschlachtet werden, dauert es bei den „Highlands“ bis zu drei Jahre. Doch einige Tiere erhalten auch ihr Gnadenbrot – wie die zwölf Jahre alte Leitkuh Liberty, die inzwischen handzahm ist, oder der fünf Jahre alte Bulle Max, den die Schulze wegen seiner Ausgeglichenheit mögen. Marcel Gäding