Schülergenossenschaft: Sprungbrett ins Berufsleben

Vor vier Jahren wurde an der Europaschule Storkow (Mark) eine Schülergenossenschaft gegründet. Mit dem Bau von Elektroladesäulen, dem Betrieb eines Schüler-Cafés und in einem Catering-Bereich sammeln Jugendliche Erfahrungen, die ihnen später im Berufsleben durchaus nützlich sein können.

Von der hektischen Betriebsamkeit in der Hafen-Bar ist jetzt nichts mehr zu spüren: Die Tische sind gewischt, das letzte Geschirr steht zum Trocknen am Spülbeckenrand. Wenige Stunden zuvor drängten sich hier im kleinen Raum noch an die 60 Jugendliche.

Die Hafen-Bar ist der Schülerclub der Europaschule von Storkow. Zu jeder großen Pause öffnet er seine Pforten: Es gibt Getränke, kleine Snacks und Sitzgelegenheiten aus alten Europaletten. Hinterm Tresen stehen Schüler, die sich in der Schülergenossenschaft engagieren. Sie planen den Einkauf, bereiten Sandwiches zu, machen sauber und führen Buch über die Tageseinnahmen. „Der Name stellt einen Bezug zum Storkower See her“, erklärt Christoph Jänisch, der Schulsozialarbeiter. Gemeinsam mit dem Lehrer Ralf Gräbner betreut er die Schülergenossenschaft, die sich innerhalb von vier Jahren nach ihrer Gründung zu einem gut laufenden Unternehmen entwickelt hat.

Praxislernen als Teil des Unterrichts

Dass Jugendliche an ihren Schulen kleine Firmen gründen, ist nicht neu – und durchaus gewollt. Denn die Siebt- bis Neuntklässler lernen dort, Verantwortung zu übernehmen und schnuppern ein bisschen ins Berufsleben. Zur Europaschule passt das Konzept gut – denn Praxislernen ist für einen Teil der Schüler sogar Unterrichtsfach.

Christoph Jänisch gehört zu den Initiatoren der Schülergenossenschaft. Bevor er zur Europaschule kam, hatte er bereits an anderer Stelle gute Erfahrungen mit einer Schülerfirma gemacht. Er nutzte die bestehenden Kontakte zum Projekt „Business auf Rädern“, das sich auf den Einsatz und die Vermietung von Elektro- und Lastenfahrrädern in der Region spezialisiert hat und touristischen Anbietern die dafür notwendige Infrastruktur zur Verfügung stellt. Da aber auch den modernsten Elektrofahrrädern irgendwann einmal die Puste ausgeht, braucht es Ladestationen. Und die werden in Storkow von der Schülergenossenschaft der Europaschule gefertigt.

In der schuleigenen Werkstatt liegt gerade das Material für den Bau weiterer Ladesäulen. Hauptbestandteil sind große, wuchtige Holzbalken, in die Steckdosen integriert werden. Jeder Arbeitsschritt ist genauestens geplant. Dazu gehört die Holzbearbeitung ebenso wie die Elektroinstallation und schließlich das Streichen der Säulen. „Pro Jahr schaffen wir zwischen fünf und zehn Stationen“, berichtet Christoph Jänisch. Die dadurch generierten Einnahmen machen gemeinsam mit dem Geld vom Schüler-Café einen Großteil des Jahresumsatzes aus. Gerade erst wieder versorgte die Abteilung „Catering“ die Teilnehmer einer Blutspendeaktion mit einem Imbiss. Und in den kommenden Wochen soll die Restaurierung eines alten Kutters aus den 1960er-Jahren fortgesetzt werden. Der Zweimaster liegt derzeit in Bad Saarow auf Kiel.

Wie bei einem richtigen Unternehmen auch, sind bei der Schülergenossenschaft alle Aufgaben klar verteilt – und ganz auf die Neigungen der Jugendlichen zugeschnitten. Die beiden Geschäftsführer Enrik Baschin und Jayson Selke kümmern sich um das große Ganze: Dienstpläne, Kontostand, Projektplanung. Jolie Halka verantwortet die Buchhaltung, schreibt Rechnungen und weiß, wie gut es finanziell um das Schülerunternehmen bestellt ist.

Schülergenossenschaft mit 35 Mitgliedern

Derzeit engagieren sich 35 Schüler in der Genossenschaft, „opfern“ ihre Pausen oder ihre Nachmittage. An die zehn Stunden kommen da pro Woche zusammen. Die Schüler werden am Gewinn beteiligt und erhalten einmal im Jahr eine Ausschüttung in Form von Einkaufsgutscheinen in Höhe von 40 Euro pro Mitglied. Der Rest des Geldes wird für den Kauf von Material verwendet, fließt in die Klassenkassen oder wird gespendet. Über die ordnungsgemäße Verwendung wacht der Schulförderverein, der auch rechtlicher Träger der Genossenschaft ist.

„Ganz nebenbei erfahren die Jugendlichen, wie es später einmal im Berufsleben abläuft“, sagt Lehrer Ralf Gräbner. Auf diese Weise werden sie auf die Arbeitswelt vorbereitet, lernen Verantwortung zu übernehmen und eigenständig zu arbeiten. Im Gegensatz zu anderen Schülerfirmen ist die Genossenschaft bewusst auf Nachhaltigkeit ausgelegt: „Wir wollten nicht einfach nur irgendwelche Vogelhäuschen bauen und das Projekt nach einem Schuljahr beenden.“

Wie gut eine solche Schülerfirma ein Sprungbrett ins Berufsleben ist, beweisen die Beispiele aus der Praxis. Christoph Jänisch berichtet von einem Schüler, der nun eine Ausbildung in einer Tischlerei absolviert. Und auch für Jayson und Enrik steht der Berufswunsch bereits fest: „Tischler“, sagen die Beiden spontan und ohne zu überlegen. Parallel hält die Genossenschaft Kontakte zur ortsansässigen Wirtschaft – etwa über den Mittelstandsverein. Dessen Mitglieder haben nämlich ein großes Interesse daran, dem Nachwuchs den Weg zu ebnen und freie Ausbildungsplätze zu besetzen. Marcel Gäding