Wie familien- und kinderfreundlich ist die Stadt Storkow (Mark)? Diese Frage dürfte sich in den kommenden Monaten immer wieder stellen. Denn 2020 bewirbt sich die Stadt beim landesweiten Wettbewerb mit dem Titel „Familien- und kinderfreundliche Gemeinde“. Bis dahin gibt es aber noch viel Arbeit.
Was haben Reichenwalde, Wendisch Rietz, Fürstenwalde und Eisenhüttenstadt gemeinsam? Sie dürfen sich ganz offiziell „Familien- und kinderfreundliche Gemeinde“ nennen. So wie 79 andere Kommunen auch. Nun will Storkow an der zehnten Runde dieses vom Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie ausgelobten Wettbewerb teilnehmen. Bevor der entsprechende, mehrere Seiten umfassende Antrag aber ausgefüllt wird, ist erst einmal eine Bestandsaufnahme nötig.
Im großen Saal der Burg Storkow trafen sich Anfang März Vertreter von Vereinen, Organisationen, der Stadtverwaltung, Stadtverordnete sowie Einwohnerinnen und Einwohner zu einem Workshop. Das Programm war straff geplant: Innerhalb von zweieinhalb Stunden sollte herausgearbeitet werden, wie familien- und kinderfreundlich die Storchenstadt ist. So viel kann man vorab sagen: So schlecht steht Storkow gar nicht da.
„Wir nehmen den Antrag erst einmal auseinander“, sagt Detlef Grabsch zu Beginn des Workshops. Grabsch ist nicht nur Leiter des Eltern-Kind-Zentrums, sondern auch Vorsitzender des Lokalen Bündnisses für Familie. Der Antrag hat es in sich, denn es gilt eine Vielzahl von Fragen zu beantworten. „Daher müssen wir uns vorab zusammensetzen und die Informationen bündeln“, erklärt Bürgermeisterin Cornelia Schulze-Ludwig (SPD) den Sinn und Zweck des Workshops. Grit Körmer, die Regionalmanagerin der Lokalen Aktionsgruppe Märkische Seen e.V., ist sich sicher, dass Storkow den Wettbewerb meistern könnte. „Daher ist es wichtig, sich einfach mal darauf zu besinnen, was man eigentlich schon alles hat.“
Viele Angebote für Familien in Storkow, aber kein einheitliches Stadtmarketing
Es gibt Angebote für Familien im Friedensdorf, ein rühriges Eltern-Kind-Zentrum, gute Betreuungsangebote für Kinder in den Kitas und Schulen, soziale Angebote im Haus der Begegnung, eine gut funktionierende freiwillige Feuerwehr, Sport- und Spielplätze und ein für eine Kleinstadt umfangreiches Netz an Vereinen und Organisationen – darunter den Seniorenbeirat oder die jüngst gegründete Arbeitsgemeinschaft Mobilität. Allerdings mangelt es an einem ganzheitlichen Stadtmarketing, das die Stärken der Stadt prominent darstellt, wie Workshopteilnehmer monieren. Wie man seine familien- und kinderfreundlichen Seiten charmant darstellt, zeigt das Beispiel Senftenberg: Die Kommune in Südbrandenburg hat all ihre Angebote für Familien und Kinder auf einer modernen Webseite gebündelt. Gleichzeitig werden die Beteiligungsmöglichkeiten für Bürgerinnen und Bürger dargestellt.
Gelegenheit, bei Projekten in der Stadt und ihren Ortsteilen mitzureden, gibt es auch in Storkow: Die Ortsteile haben ein eigenes Budget, in der Stadtverordnetenversammlung gibt es eine Einwohnerfragestunde, und die Ausschüsse tagen in aller Regel öffentlich. Wie man die Menschen in der Stadt aktiv in Entscheidungen einbeziehen kann, hat erst kürzlich das Sozialraumteam eindrucksvoll bewiesen: So ist daran gedacht, am Ufer des Storkower Sees einen Platz für die Jugend zu gestalten. Vorab ließen die Sozialarbeiter Abstimmungskarten drucken und luden an einem frostigen Januartag zu einem Workshop unter freiem Himmel ein. Die gut 70 Jugendlichen ließen sich von den winterlichen Temperaturen nicht abhalten. Für die Sozialarbeiter Sabine Schmelz, Sabine Ulrich, Andreas Provezza und Christoph Jänisch ein Zeichen dafür, dass auch die Jugend große Lust hat, die Stadt zu gestalten. Während es an Ideen nicht mangelt, ist jedoch die Skepsis an der Umsetzung der Vorschläge groß. Immerhin währt die Diskussion um die Strandgestaltung in Karlslust schon an die 26 Jahre.
Kritische Töne, die in einem Workshop wie dem auf der Burg Storkow auch Beachtung finden: So bemängeln Teilnehmer, dass Storkow trotz der zahlreichen Angebote keinen richtigen roten Faden hat. Dass die Stadt sogar ein Leitbild hat, wie Bürgermeisterin Cornelia Schulze-Ludwig einwendet, ist kaum bekannt: Viele Teilnehmer schütteln den Kopf.
In der Tat muss man sich erst durch die Internetseite „wühlen“, um nach drei Klicks unter der Rubrik „Bürgerinfo“ auf das entsprechende Papier zu gelangen. Die Rathaus-Chefin nimmt diesen wie auch andere Hinweise, etwa auf fehlende Angebote für seniorengerechtes Wohnen, ernst: „Die werden in die Arbeit der Sachgebiete einfließen“, sagt sie zu. Im Oktober soll es ein weiteres Treffen geben. Marcel Gäding