Seit 2008 betreibt die Gesellschaft für Arbeit und Soziales in Storkow eine Ausgabestelle der Tafel. Dort erhalten Bedürftige nicht nur Lebensmittel, sondern auch ein offenes Ohr. Ohne Ehrenamtliche wäre das Projekt längst am Ende. Ein Vor-Ort-Report.
Um kurz vor 10 Uhr am Morgen parkt Marion Jekel ihren Kühltransporter ein. Heute hat sie einige Kisten mit frischem Obst und Gemüse an Bord. Noch bevor sie die Lieferung in das kleine Ladengeschäft trägt, wirft Eva Wilke einen prüfenden Blick auf die Nektarinen, Aprikosen und den Feldsalat. Die Ware macht einen ordentlichen Eindruck und kommt sofort ins Obst- und Gemüseregal.
Das Geschäft in der Fürstenwalder Straße sieht aus wie ein kleiner Dorfkonsum: Neben dem Obst und Gemüse stehen fein säuberlich gestapelte Konservendosen und Waren des täglichen Bedarfs in den Regalen, an der Kasse sind Brot, Brötchen und Kuchen platziert. Drei Jahre ist der Laden, in dem einst Blumen verkauft wurden, eine Ausgabestelle der Storkower Tafel. Dort erhalten Menschen mit wenig Geld Lebensmittel zu stark vergünstigten Preisen. Wer nachweisen kann, dass er Sozialleistungen bezieht oder nicht mehr als 1.100 Euro im Monat zur Verfügung hat, darf in dem Geschäft einkaufen – und bezahlt in der Regel gut ein Drittel des Warenwertes. Mit den Einnahmen finanziert die Gesellschaft für Arbeit und Soziales (GefAS) einen Teil der laufenden Kosten für Miete, Strom, Versicherung und Lieferfahrzeuge.
Eva Wilke gehört seit April dieses Jahres zum ehrenamtlichen Team der Storkower Tafel. Als sie aus ihrem aktiven Berufsleben ausschied, machte sie zunächst ein Jahr Pause, um sich anschließend nach einer sinnvollen Betätigung umzuschauen. „Das ist für mich ein kleines Muss“, sagt die Storkowerin, die zuletzt bei den Samariter-Anstalten in Fürstenwalde arbeitete. Zusammen mit ihrer Kollegin Ingrid Stubbe – einst Köchin in einem großen Hotel in Bad Saarow – arbeitet sie ohne Bezahlung in der Ausgabestelle.
Mit Carola Bauer und Marion Jekel sowie einer geringfügig Beschäftigten bilden sie ein eingespieltes Team, das um 7 Uhr morgens mit der Arbeit beginnt: Dann werden der Laden sauber gemacht, verderbliche Waren aus dem Kühllager nach vorn in die Kühltruhen gebracht und die von Supermärkten und Discountern gespendete Frischware auf Qualität hin überprüft. Das Ganze wiederholt sich fünfmal die Woche, montags bis freitags. Denn an Werktagen hat das Geschäft von 9 bis 14 Uhr geöffnet. Froh ist man bei der GefAS, dass die wichtige Arbeit der Storkower Tafel immer wieder auch von außen unterstützt wird. So übergeben der Mittelstandsverein und die Sparkasse meist zum Jahresende Schecks.
Vier Tafel-Standorte im Landkreis Oder-Spree
Die GefAS mit Sitz in Erkner betreibt im Landkreis Oder-Spree vier solcher Ausgabestellen der Tafel. Das soziale Wohlfahrtsunternehmen wurde 1991 gegründet. Aktuell stehen 60 Menschen in Lohn und Brot, 150 Männer und Frauen unterstützen die GefAS ehrenamtlich. Der Verein betreibt neben den Tafel-Standorten unter anderem Kleiderkammern, Möbelbörsen, Einrichtungen für Obdachlose, geflüchtete Menschen und engagiert sich in der Kinder- und Jugendarbeit. „Unser Ziel ist die Armutslinderung und Armutsbekämpfung“, sagt der GefAS-Vorstandsvorsitzende Siegfried Unger. Dazu gehört auch, über die Projekte Arbeit für Menschen zu schaffen, die es aus unterschiedlichen Gründen auf dem Arbeitsmarkt schwer haben. Mit Hilfe von Förderprogrammen erhalten sie auf diese Weise Gelegenheit, wieder einer geregelten Tätigkeit nachzugehen – wenn auch nur zeitlich befristet.
Als die GefAS 2005 mit der Tafelarbeit begann, war das ganze Vorhaben als ehrenamtliches Projekt angelegt. Doch damit einen regelmäßigen Betrieb aufrechtzuerhalten ist schwierig. Mehrfach schon war unklar, ob beispielsweise die 2008 gegründete Storkower Tafel weitermachen kann, weil unter anderem tatkräftige Hilfe fehlte. Das fünfköpfige Team arbeitet derzeit bis zum Anschlag, „Normalerweise bräuchten wir noch mindestens fünf Leute hier“, sagt Siegfried Unger. Allein der Transport von acht bis zehn Tonnen Lebensmittel nach Storkow füllt täglich bis zu neun Stunden aus.
Dringend werden daher weitere Menschen gesucht, die Zeit und Arbeitskraft spenden (siehe Infokasten). Noch besser wäre es für den GefAS-Vorstandsvorsitzenden, wenn das Land Brandenburg oder der Landkreis die Arbeit der Tafeln regelmäßig im Rahmen von Arbeitsmarktmaßnahmen fördern würden. „Die Sozialministerin hat nach dem letzten Armutsbericht der Paritätischen Wohlfahrtsverbände erkannt, dass etwas passieren muss“, sagt Unger. „Doch das sind nur Erklärungen! Es müssen Taten folgen.“ Seine Forderung: mindestens eine Vollzeitstelle pro Tafel.
Storkower Tafel benötigt dringend Hilfe
Das hoffen auch Eva Wilke, Ingrid Stubbe, Marion Jekel und Carola Bauer. Gerade so bewältigen sie die tägliche Arbeit, die auch körperlich anstrengend ist – und viel mehr bedeutet, als nur Lebensmittel auszugeben. Im Prinzip leisten die Frauen zusätzlich Sozialarbeit, nehmen sich Zeit für die Sorgen und Nöte ihrer Kunden, geben Ratschläge in schwierigen Lebenslagen oder hören bei einer Tasse Kaffee einfach nur zu. „So manches Mal gehen mir auf dem Weg nach Hause die Geschichten durch den Kopf“, berichtet Ingrid Stubbe. Dann aber freut sie sich, dass sie Menschen in Not helfen konnte und diese sich dafür bedanken.
Ein Drittel der 600 Storkower Tafel-Kunden sind Rentner, ein Drittel Empfänger von Sozialleistungen und der Rest Menschen mit Migrationshintergrund. Die Zuwendungen, die sie vom Staat erhalten, sollen das Nötigste decken. „Um am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen, reicht das Geld nicht“, berichtet Siegfried Unger. Die Tafel versucht, diese Situation zu lindern, in dem die gespendeten Lebensmittel gegen ein geringes Entgelt abgegeben werden. „Doch die Scham ist bei vielen groß“, weiß Carola Bauer. Marcel Gäding
Ihre Hilfe ist gefragt!
Die Storkower Tafel ist dringend auf Hilfe und Unterstützung angewiesen:
- Zeit spenden: Aktuell werden Menschen gesucht, die vor Ort in der Ausgabestelle ehrenamtlich helfen. Auch sucht die Tafel Fahrerinnen oder Fahrer, um die Lebensmittelspenden in den Supermärkten abzuholen. Interessenten sollten sich jedoch zutrauen, einen Lieferwagen zu fahren und keine Scheu vor Touren nach Berlin haben.
- Geld spenden: Miete, Strom, Versicherung – der Betrieb der Ausgabestelle kostet Geld. Wenn Sie die Tafel und die soziale Arbeit der GefAS unterstützen möchten, können Sie spenden: GefAS, Konto IBAN: DE17 17 0550 5031 0491 5961 BIC: WELADED1LOS, Sparkasse Oder-Spree
Weitere Informationen im Internet unter www.gefas-ev.de