Mitbestimmung in Storkow (Mark): Gebt den Kindern das Kommando!

Erste Tagung des Jugendortsbeirats von Groß Schauen: Mutter Eve Fank leitete die Sitzung zum Auftakt. Foto: Marcel Gäding
Erste Tagung des Jugendortsbeirats von Groß Schauen: Mutter Eve Fank leitete die Sitzung zum Auftakt. Foto: Marcel Gäding

So geht die Mitbestimmung von Kindern und Jugendlichen in Storkow (Mark): Groß Schauen verfügt seit Kurzem über einen Jugendortsbeirat, im Horthaus hat sich ein Kinderparlament gegründet. Wir haben uns beide Projekte etwas genauer angeschaut und verraten Ihnen in diesem Beitrag, wie unsere Kleinsten sich an Entscheidungen beteiligen können. Von Marcel Gäding.

Wenn in Groß Schauen Entscheidungen anstehen, ruft Ortsvorsteher Holger Ackermann seinen Ortsbeirat zusammen. Bei dieser Versammlung, die er an einem der ersten warmen Frühlingstage organisiert hat, ist aber alles anders. Ackermann sitzt in der zweiten Reihe – er überlässt sieben von 15 Kindern seines Ortsteils den Vortritt. Der Ortsvorsteher hat die jüngsten Bewohner*innen von Groß Schauen eingeladen, um damit den Weg zu einem Jugendortsbeirat zu ebnen. Damit ist das gut 170 Einwohner große Dorf das erste in der Stadt Storkow (Mark), das Kinder und Jugendliche aktiv in Entscheidungen einbezieht. Sie sollen mitreden dürfen, wenn es um die Entwicklung ihres Ortsteils geht.

„Die Anregung dazu kam auf einer unserer Ortsvorsteher-Besprechungen mit der Bürgermeisterin“, erinnert sich Holger Ackermann. Dort wurde den Ortsvorstehern der 14 Storkower Ortsteile präsentiert, wie die Mitbestimmung von Kindern und Jugendlichen funktionieren kann. Immerhin ist diese Form der Partizipation auch in der Hauptsatzung der Stadt Storkow (Mark) festgeschrieben (siehe Text „Hingehen, mitreden und einmischen“). Ackermann zögerte nicht lange. Denn Groß Schauen hat seit Jahren wieder Zuwachs. „Wir kommen inzwischen auf 15 Kinder und Jugendliche“, sagt der Ortsvorsteher. Fast jeder Zehnte Groß Schauener ist also unter 18 Jahre alt.

In seinem Ort stieß er sofort auf Begeisterung, als er einige Erwachsene ansprach, bei der Gründung des Jugendortsbeirats zu helfen. Zur Auftaktsitzung vor wenigen Tagen konnte er die Lehrerin Eve Fank gewinnen, die in Groß Schauen wohnt und selbst Mutter ist. Gut vorbereitet führte sie durch die Premierensitzung, die im Grunde so ablief wie bei den Erwachsenen auch – mit einigen Formalien. Die sieben anwesenden Kinder stimmten zunächst darüber ab, ob sie überhaupt einen Jugendortsbeirat haben wollen. Anschließend wählten sie Sprecherin und Sprecher sowie Schriftführer, einigten sich auf ihren nächsten Termin und trugen Themen zusammen, bei denen sie gerne mitreden wollen. „Wichtig ist, dass Kinder gleich von Anfang an einbezogen werden“, sagt Eve Fank.

Die erste Sitzung war äußerst produktiv, die Liste von Ideen der Kinder ist lang. Merle beispielsweise wünscht sich, den jahrelang ungenutzten Jugendclub im Rahmen eines Arbeitseinsatzes zu putzen und für die Kinder im Dorf herzurichten. Flori kann sich vorstellen, dass Groß Schauen einen Spielplatz mit vielen Klettermöglichkeiten erhält. Luise hätte gern auf dem Festplatz eine Spielekiste für alle Kinder. Hannes Idee ist es, rund um die Kirche auf dem Dorfanger Blumen zu pflanzen. Und Kinga setzt sich dafür ein, dass die Autos auf der Bundesstraße in Höhe des Kindergartens langsamer fahren. Wie das funktionieren kann, weiß sie bereits: Ein Zebrastreifen muss her. „Oder ein Tunnel!“

Innerhalb der ersten Sitzung sprudelt es aus den Kindern nur so vor Ideen. Noch hilft ihnen Eve Fank gemeinsam mit Nachbarin Anke Neumann dabei, alles in eine Form zu bringen. Beide raten den Kindern, über die Themen abzustimmen, und dann „zu den Erwachsenen zu gehen, um ihnen das zu verklickern“. Wie das funktionieren kann, wissen die kleinen Groß Schauener bereits: Sie werden einen Brief an den Ortsbeirat schreiben, der sich dann an das Rathaus wenden soll. Holger Ackermann rät ihnen, ihre Vorschläge auch gut zu begründen. Bei der Sache mit der Bundesstraße sind sich die Kids bereits einig: „Na ist doch klar: weil wir nicht überfahren werden wollen!“ Alle Ideen werde er als Ortsvorsteher gerne mit ins Rathaus nehmen, sagt Holger Ackermann zu den Kindern. Zum Schluss geht es, ebenfalls wie bei den Großen, um wichtige Termine: Unter anderem wollen sie bei der Ortsbegehung mit der Bürgermeisterin teilnehmen. Und ein Tag, an dem das zweite Treffen des Jugendortsbeirats stattfinden soll, ist ebenfalls gefunden: 3. Mai, 17 Uhr, auf dem Dorfanger.

Lea, Carlotta und Elise freuen sich schon darauf, im Kinderparlament abzustimmen. Die Idee dazu hatte Hortleiterin Andrea Splitt. Foto: Marcel Gäding
Lea, Carlotta und Elise freuen sich schon darauf, im Kinderparlament abzustimmen. Die Idee dazu hatte Hortleiterin Andrea Splitt. Foto: Marcel Gäding

Es ist schon eine Tradition, dass der Baustoffhandel „Leymann“ einmal im Jahr für die Kinder im Horthaus „Würfelkids“ sammelt. Die Idee dazu hatte Niederlassungsleiter Stefan Rosery. „Zu Weihnachten verschenken wir an unsere Stammkunden Weihnachtsbäume“, sagt er. „Gleichzeitig bitten wir um eine Spende für den Hort.“ Gerade hat Rosery an Hortleiterin Andrea Splitt und ihre Stellvertreterin Gabriele Bühring einen Scheck in Höhe von 925 Euro übergeben. „Wir dürfen unsere Kinder nicht vergessen“, begründet Rosery das Engagement seines Unternehmens.

Andrea Splitt (links), Stefan Rosery von Leymann-Baustoffe in Storkow und Gabriele Bühring: Wiederholt hat das Fachhandelsunternehmen Geld für die Hortkinder in Storkow gespendet. Zum Dank gab es eine kreativ gestaltete Baumscheibe. Foto: Marcel Gäding
Andrea Splitt (links), Stefan Rosery von Leymann-Baustoffe in Storkow und Gabriele Bühring: Wiederholt hat das Fachhandelsunternehmen Geld für die Hortkinder in Storkow gespendet. Zum Dank gab es eine kreativ gestaltete Baumscheibe. Foto: Marcel Gäding

Doch was macht man mit so viel Geld? Bislang überlegten sich die Erzieherinnen und Erzieher im Hort, worin sie die dem Hort zugedachten Geldspenden investieren. Mal wurden davon Spielgeräte gekauft oder ein neuer Wasserspielplatz angelegt. Über das Jahr verteilt bekommt der Hort immer mal wieder kleinere oder größere Zuwendungen – meist von ortsansässigen Unternehmen.

Jetzt aber sind die Kinder des Horthauses gefragt, wenn es darum geht, was mit dem gespendeten Geld passieren soll. „Dafür haben wir ein Kinderparlament gegründet“, sagt Hortleiterin Andrea Splitt. Jede der 13 Hortgruppen wählte dafür einen Sprecher bzw. Sprecherin sowie Stellvertreter.

Lea, Carlotta und Elise gehören zum Kinderparlament – und haben schon viele Ideen, was man von dem Geld kaufen könnte. Carlotta hat beispielsweise im Gruppenraum ihrer 2. Klasse eine kleine Box aufgestellt, in die andere Kinder Zettel mit Vorschlägen werfen können. Stolz präsentiert sie den prall gefüllten Karton mit Blättern, auf die die Wünsche gemalt wurden. Da ist von einem kleinen Restaurant mit Eisverkauf die Rede, von einer ganz großen Wasserrutsche oder von einem Springbrunnen. „Die Fantasie der Kinder ist groß“, hat Andrea Splitt festgestellt. Dass die Kleinen in die Entscheidungen einbezogen werden, ist für die Hortleiterin selbstverständlich. „Kinder haben schließlich auch Rechte und im Kinderparlament lernen sie, Ideen einzureichen und darüber abzustimmen.“

Wegen Corona ist die Arbeit des neuen Kinderparlaments derzeit etwas eingeschränkt. Nicht alle Kinder sind immer gleichzeitig im Hort. Andrea Splitt hofft, dass demnächst über die vielen Vorschläge abgestimmt werden kann.

 

Kinder- und Jugendbeteiligung:

Hingehen, mitreden und einmischen

Die Mitbestimmung von Kindern und Jugendlichen ist in der Hauptsatzung der Stadt Storkow (Mark), die im August 2019 von der Stadtverordnetenversammlung beschlossen wurde, verbrieft. Darin heißt es in § 5, dass junge Menschen ähnlich wie erwachsene Einwohner*innen bei wichtigen Angelegenheiten einbezogen werden – durch Einwohnerfragestunden in der Stadtverordnetenversammlung und in den Ausschüssen, bei Einwohnerversammlungen, im Rahmen von Befragungen und Umfragen. Darüber hinaus sollen Kinder und Jugendliche an Entscheidungen beteiligt werden, in dem sie zu Diskussionsrunden oder Workshops eingeladen werden. Auch besteht die Möglichkeit, ein Kinder- und Jugendparlament zu gründen.

Warum Jugendliche fragen?
Mit der Beteiligung von Kindern und Jugendlichen sollen schon früh Prozesse der Mitbestimmung und der Bürger*innenbeteiligung vermittelt und gelebt werden. Kommunalpolitische Entscheidungen werden auf der Ebene des Ehrenamts ausgeübt. Insofern könnten die Kinder und Jugendlichen von heute die Entscheidungsträger*innen von morgen sein. Gleichzeitig werden im Rahmen der Mitbestimmung klassische Demokratieansätze in der Praxis vermittelt. Engagement in Gremien stärkt die Gemeinschaft und fördert den Zusammenhalt. Vor allem aber werden alle Bevölkerungsgruppen in wichtige Entscheidungsprozesse eingebunden.

Wie sieht es in der Praxis aus?
Während Kinder und Jugendliche in den Gremien der Stadt Storkow (Mark) kaum von ihrem Rederecht Gebrauch machen, sind Workshops gut besucht. Zweimal bereits wurde eine Veranstaltung namens „Misch mit!“ organisiert, in deren Rahmen die jungen Storkower*innen Gelegenheit hatten, Probleme zu benennen und Ideen für die Entwicklung der Stadt zu liefern. Ganz praktisch wurden Jugendliche beispielsweise einbezogen, als es um die Planung eines neuen Freizeitplatzes für die Jugend am Strand von Karlslust ging.

Wer öffnet die Türen für Kinder und Jugendliche?
Junge Menschen, die mitbestimmen wollen, können sich an ihre Ortsvorsteher beziehungsweise Ortsbeiräte, an die Bürgermeisterin sowie die Jugendkoordinator*innen wenden. Alle Kontaktdaten finden Sie auf der Webseite der Stadt Storkow (Mark). Darüber hinaus finden sich auf der Internetseite der Stadt Storkow (Mark) alle Termine der Sitzungen der Stadtverordnetenversammlung und deren Ausschüsse. Zu Beginn einer jeden Sitzung gibt es stets den Tagesordnungspunkt „Jugendbeteiligung“. Einladungen mit allen Themen gibt es ebenfalls online unter www.storkow-mark.de/politik/sitzungskalender.php