Nach 34 Jahren im Dienste der Bürgerinnen und Bürger zieht sich Heinz Bredahl, Jahrgang 1952, aus der Kommunalpolitik zurück. Im Interview spricht der langjährige SPD-Stadtverordnete über bewegende Zeiten in Storkow.
Sie sind in der Wendezeit in die Politik eingestiegen. Warum?
Ich war damals Vorsitzender der Betriebsgewerkschaftsleitung und es wurde jemand gesucht, der nicht in der Einheitspartei SED war und zum Runden Tisch des Kreises nach Beeskow geschickt werden konnte. Ich war dort der einzige aus Storkow. Bei den ersten Kommunalwahlen 1990 habe ich dann kandidiert. Es wurden vor allem alteingesessene Storkower gewählt. Meine Familie ist in Storkow auch ganz gut bekannt.
Wie war die erste Zeit – die Zeit des Aufbaus der neuen Strukturen?
Die ersten Versammlungen dauerten teilweise bis nachts um eins. Alles war neu für uns, wir mussten Lehrgänge besuchen und Mitarbeiter weiterbilden. Wir hatten eine Partnerkommune im Westen, die Gemeinde Wedemark bei Hannover. Von dort haben wir die Grundlagen des bundesdeutschen Verwaltungsrechts mitbekommen. Dann kamen Leute aus den alten Bundesländern, die uns irgendetwas verkaufen wollten. Damit mussten wir umgehen.
Welche ist Ihre schwierigste, und welche die schönste Entscheidung?
Die schönste ist, dass wir die Burg Storkow als Wahrzeichen wieder aufgebaut haben. Toll ist, dass wir das so hinbekommen haben. Die schwierigste war der Versuch, Storkow als Wasserstadt zu positionieren. Eine große Marina und Häuser für Dauerwohnzwecke mit Gewässeranschluss waren vorgesehen. Es gab dann ein Bürgerbegehren dagegen, ich wollte das auch nicht.
Gab es Zeiten, in denen Sie ans Aufgeben gedacht haben?
Ja, das war bei der Abwasser-Problematik. Da wurde sogar meiner Familie gedroht. Es gab damals kaum Entsorgungsmöglichkeiten, Abwasser wurde meist mobil entsorgt. Ich war der Verbandsvorsitzende und musste Lösungen finden. Es gab viele Leute, die das zu hohen Preisen anboten. Jeder wollte eine eigene Kläranlage haben. Letztlich haben wir uns für ein privates Betreibermodell entschieden, heute ist jeder damit zufrieden. Ohne diese Entscheidung hätte sich kaum eine Firma hier niedergelassen. Ich habe damals viel Herzblut gelassen und viele persönliche Anfeindungen erlebt. Ich habe den Vorsitz im Verband aufgegeben, aber Stadtverordneter blieb ich.
Von der Wendezeit zur „Zeitenwende“: Was geht Ihnen durch den Kopf, wenn Sie diese Zeiten vergleichen?
Als „gelernter DDR- Bürger“ hatten wir die besten Voraussetzungen für die Wende. Menschen aus den alten Bundesländern wären vielleicht nicht so mit einem völlig neuen Umfeld zurechtgekommen. Wir waren schnell in der Lage zu schauen, wohin man sich wenden muss. Das betraf praktische Dinge wie Kopierer und EDV-Geräte, aber auch rechtliche Fragen. Das ist uns gut gelungen, bis auf wenige Ausnahmen.
Sie sind Mitglied der SPD. Wie blicken Sie heute auf die Partei?
In der Wendezeit habe ich den Kontakt zur SPD gesucht, weil sie mir als Gewerkschafter am nächsten war. In Storkow war für mich entscheidend, dass Bekannte, mit denen ich schon lange zu tun hatte, in der Partei waren. Ich wusste: Das sind die richtigen. Ich bin niemand, der für die Karriere die Partei wechselt. Wenn ich mich entschieden habe, bleibe ich dabei, auch wenn ich nicht immer mit allem einverstanden bin.
Welche Pläne haben Sie für den „Ruhestand“?
Auch der Familie zuliebe habe ich jetzt gesagt: Irgendwann ist Schluss. Ich bin jetzt normaler Bürger, zu Hause warten die Enkelkinder und das Grundstück. Allerdings würde ich gern als Sachkundiger Einwohner weitermachen, wenn man mich haben will.
Es fragte: Dörthe Ziemer