Interview: Storkows Bürgermeisterin Cornelia Schulze-Ludwig (SPD) über Schulden, schlechte Straßen und Investitionen in die wachsende Stadt.
Frau Schulze-Ludwig, im vergangenen Jahr wurde der Kreisverkehr nahe dem Edeka-Markt fertiggestellt. Der Verkehr fließt, allerdings präsentiert sich die Mittelinsel des Kreisels eher trostlos. Ursprünglich gab es die Idee, Landschaftsplaner mit der Gestaltung zu beauftragen.
Unser Anspruch ist es nach wie vor, diese Fläche schön zu gestalten. Immerhin ist der Kreisverkehr einer der „Eingänge“ nach Storkow. Was uns allerdings der Landschaftsplaner vorgelegt hat, war den Stadtverordneten und der Stadtverwaltung zu teuer. Im Raum stand eine Summe von rund 35.000 Euro. Wir überlegen jetzt, zusammen mit den Mitgliedern des Bauausschusses, ob wir noch einmal einen Aufruf an die Bürgerinnen und Bürger starten, sich mit Ideen an der Gestaltung zu beteiligen. Ohne eventuell dem Ergebnis eines entsprechenden Aufrufs zuvor zu kommen, schwebt mir persönlich etwas vor, das für Storkow typisch ist.
Der Bau des Kreisverkehres war ja nur eines der Dauerthemen. In der Altstadt stellt das einstige Helios-Gelände ein Ärgernis dar, auf dem bis 1990 Getränke produziert wurden. Wie ist aktuell der Stand der Dinge?
Dieser Schandfleck am Marktplatz, in der Altstadt, ist schon lange vorhanden. Eine Entwicklung war nie möglich. Das Ordnungsamt musste bei diesem Grundstück wegen der Gefährdung des öffentlichen Raumes mehrfach unter anderem wegen herunterfallender Dachsteine einschreiten. Seit fünf Jahren bemühen wir uns, diese Immobilie für die Stadt zu sichern, sie sogar selbst als Stadt zu kaufen. Nun hat die Stadt das Areal erworben. So viel ist bereits sicher: Das Helios-Gelände wird unser erstes Projekt im Rahmen des Programms „Aktive Stadtzentren“ sein. Grundlage dafür ist das von uns erarbeitete „Integrierte Stadtentwicklungskonzept“. Wir wollen dieses Grundstück für die Stadt entwickeln. Das wird jetzt mit den Stadtverordneten und den Ausschüssen in die Diskussion gehen.
Welche konkrete Vorstellungen gibt es für das Grundstück?
Das ist jetzt noch nicht zu sagen. Zunächst wird es, unter anderem auf der Ebene der Stadtverordneten, einen Meinungsbildungsprozess geben. In dessen Rahmen sollen Ideen und Vorschläge entstehen. Klar ist, dass die vorhandenen Gebäudeteile abgerissen werden. Danach werden wir uns mit der Entwicklung beschäftigen. Vorstellbar sind viele Nutzungen.
Nicht nur das alte Helios-Gebäude ist in einem erbärmlichen Zustand, Gleiches kann man auch von den Landesstraßen behaupten, die von und nach Storkow führen. Ärgerlich für jeden Autofahrer…
…und leider wurden unsere Rufe auch noch nicht erhört! Es betrifft die Landesstraße Richtung Groß Eichholz, Görsdorf und die Ortsdurchfahrt von Kummersdorf. Die Kummersdorfer waren kürzlich beim Petitionsausschuss, der in Beeskow getagt hat und haben sich dort Gehör verschafft. Inzwischen wurden ja durch die abgesagte Kreisgebietsreform wieder Mittel frei. Dieses Geld soll in Infrastrukturmaßnahmen investiert werden. Wir sind da die Ersten, die sich bemerkbar machen – mit dem Hinweis, dass hier bei uns noch ganz viel Bedarf vorhanden ist.
Wie optimistisch sind sie, dass Ihre Rufe doch noch erhört werden?
Prognosen, was die Landesebene betrifft, würde ich nicht wagen. Aber mit regelmäßiger Energie kann man schon eine ganze Menge bewirken. In den Ortsteilen weise ich immer wieder darauf hin, sich nicht nur auf die Stadtverwaltung zu verlassen. Sicherlich schreiben wir in gewissen Abständen Landesregierung und den zuständigen Landesbetrieb an. Aber auch die Bürgerinnen und Bürger müssen laut sein, sich beschweren und ihrem Ärger Luft machen. Und das passiert auch, wie ich aus den Dörfern weiß.
Woran liegt es, dass so lange Zeit nichts in Sachen Landesstraßensanierung passiert ist?
Die genannten Landesstraßen sind im sogenannten grünen Netz eingestuft: Sie sind nicht so stark frequentiert, dass nach Lesart der Verkehrsplaner des Landes ein zügiger Ausbau oberste Priorität hätte. Ich sehe das ein wenig anders, denn die Straßen stellen für die Bewohnerinnen und Bewohner wichtige Verbindungen dar und sind teilweise Umleitungsstrecken für die Autobahnen. Und da ist es schon ärgerlich, wenn es überall Schäden gibt. Ich habe gehört, dass aber in eben dieses „grüne Netz“ investiert werden soll. Sehr viel Konkretes liegt uns dazu aber im Rathaus noch nicht vor. Ich darf Ihnen aber versichern, dass wir da nicht nachgeben!
Die digitale Infrastruktur gewinnt auch im Flächenland Brandenburg an Bedeutung. Ein Stichwort ist der Breitbandausbau, der nun auch in Storkow fortgesetzt werden soll. Wie weit ist der Breitbandausbau in der Storchenstadt vorangeschritten?
Es gibt auf der Versorgungskarte immer noch weiße Flecken – und das nicht nur in den Ortsteilen, sondern auch in der Kernstadt selbst. Erfreulich ist, dass der Landkreis für uns Kommunen gerade Fördermittel beantragt. Ziel ist es, dass ein Zugang mit einer Geschwindigkeit von 50 Mbit pro Sekunde zur Verfügung steht. Die Kosten für den Ausbau belaufen sich auf rund 3,2 Millionen Euro. Diese Investition wird zu 100 Prozent gefördert. In naher Zukunft wird also noch einmal „gebuddelt“.
Wie wichtig ist für Storkow dieses Investment in den Breitbandausbau?
Ein gut funktionierendes Breitband ist eine der Hauptrahmenbedingungen für die Ansiedlung von Unternehmen, aber auch für den Zuzug von Bürgerinnen und Bürgern. Gerade die Betriebe im Gewerbegebiet hatten große Probleme, ihre Bedarfe zu decken.
Storkow befindet sich auf Grund eines Fehlbetrages in der sogenannten Haushaltssicherung. In Ihrem Neujahrsgrußwort an die Bürgerinnen und Bürger konnten Sie mitteilen, dass dieser Fehlbetrag weiter reduziert wurde. Um wie viel Geld geht es? Und wie kommt ein solcher Fehlbetrag zustande?
Ein Fehlbetrag entsteht, in dem man über Jahre mehr Geld ausgibt als man einnimmt. Als ich Ende 2011 mein Amt antrat, betrug der Fehlbetrag noch 4,6 Millionen Euro. Wir haben es geschafft, diesen Fehlbetrag bis zum heutigen Tag auf 1,3 Millionen Euro zu reduzieren. Erfreulicherweise konnten wir in den vergangenen Jahren immer mehr erwirtschaften als wir ausgegeben haben. Ein ausgeglichener Haushalt ist also absehbar. Leider sind das nicht unsere einzigen Schulden, denn die Stadt hat noch aus der Vergangenheit Kredite, die getilgt werden müssen. Aktuell belaufen sich die Verbindlichkeiten auf 8,2 Millionen Euro. Geld, das aufgenommen wurde, beispielsweise für Fernwärmeeinrichtungen, die Erschließung des Gewerbegebietes oder Radwege. Das bedeutet in der gegenwärtigen Praxis, dass wir ständig schauen müssen, wofür wir als Stadt Geld ausgeben können. Wir kommen daher nicht umhin, hier und da an freiwilligen Aufgaben zu sparen. Aber auch die schaffen wir, weitestgehend abzudecken. Denn es geht uns zunehmend besser. Das liegt einerseits an den steigenden Gewerbesteuereinnahmen, aber auch generell an einem Mehr an Einnahmen – auch, weil mehr Menschen nach Storkow ziehen.
Mit anderen Worten: Die Zeichen stehen auf Wachstum.
Ja, das schlägt sich unter anderem nieder in der Zahl der Bauanträge, die bei uns eingehen. Außerdem bemühen wir uns, Baulücken zu schließen und neue Baugebiete ausweisen. Storkow ist attraktiv gelegen und wir sind durchaus in der Lage, sowohl neue Bewohnerinnen und Bewohner als auch Unternehmen anzusiedeln. U.a. wurde die Änderung des Flächennutzungsplans für das Gewerbegebiet beschlossen, sodass eine große Aufgabe sein wird, weitere Firmen für Storkow zu gewinnen. Letztlich wollen wir aber auch attraktiver Standort für junge Familien werden.
Warum entscheiden sich Familien für Storkow?
Viele Zugezogene sind ehemalige Berliner, die die Vorzüge des relativ kurzen Arbeitsweges in die Hauptstadt zu schätzen wissen. Von Vorteil ist daher die gute Autobahnanbindung. Wir profitieren von der guten verkehrlichen Lage und von der Tatsache, dass in und um Berlin Wohnraum knapper wird. Punkten können wir darüber hinaus durch die noch erschwinglichen Grundstückspreise in Storkow.
Lassen Sie uns zum Schluss noch zu einer Investition kommen, über die schon lange in der Stadt gesprochen wird. Geplant ist der Kauf eines sogenannten Hubrettungsfahrzeuges, also einer Drehleiter für die Feuerwehr. Warum braucht Storkow diese Technik?
Zunächst einmal freue ich mich darüber, dass wir für den Kauf 440.000 Euro an Fördermitteln bekommen, der Anteil der Stadt liegt bei 110.000 Euro. Mit der Drehleiter sichern wir die notwendigen zweiten Rettungswege beispielsweise bei den Wohnblöcken oder in größeren Häusern in Storkow ab. Unsere Wohnungsbaugesellschaft würde gerne in die Wohnblöcke investieren, um etwa seniorengerechtes sowie familienfreundliches Wohnen anzubieten. Ohne einen zweiten Rettungsweg, den wir mit dem vorhandenen Hubrettungsfahrzeug sicherstellen, gibt es aber keine entsprechende Baugenehmigung.
Das Gespräch führte Marcel Gäding.