Die Fischereigenossenschaft Köllnitz hat vor wenigen Tagen 50.000 junge Aale in den Groß Schauener Seen ausgesetzt. Mit dieser ungewöhnlichen Maßnahme soll der Bestand der Aale in den heimischen Gewässern gesichert werden.
Im Kofferraum eines gewöhnlichen Kleinwagens stehen sie: Fünf große Versandkartons. Vorsichtig öffnet ein Fischer einen Karton mit der wertvollen Fracht. Dann kommt ein großer, transparenter Plastikbeutel zum Vorschein. Agrarminister Jörg Vogelsänger (SPD) begutachtet den Inhalt: gut 10.000 Jungaale. Die kleinen Tiere, so groß wie ein Regenwurm, zappeln quicklebendig im Wasser. Es ist die vorletzte Station einer langen Reise.
Was nur wenige wissen: Der Aal ist ein Pendler. Zum Laichen zieht es die langgezogenen Fische in die warmen karibischen Gewässer der Sargassosee im Westatlantik. Drei Jahre nach dem Schlupf legen sie eine lange Reise zurück an die europäische Atlantikküste. Von dort wiederum arbeiten sie sich über Flüsse in unsere heimischen Seen vor. Das Problem ist jedoch, dass dieser Weg beschwerlich und wegen der Eingriffe in die Natur so gut wie unmöglich ist. Auf natürliche Weise kommen die Tiere nur noch selten voran. Also muss der Mensch nachhelfen. „Der Aalbestand hat sich in den vergangenen 100 Jahren durch die Querverbauungen der Flüsse entscheidend reduziert“, sagt Thomas Hölzel, der neue Eigentümer der Fischereigenossenschaft Köllnitz.
Hölzel ist Hauptinhaber der Artprojekt Entwicklungen GmbH. Anfang des Jahres übernahm seine Gruppe alle Anteile an der Fischereigenossenschaft, die schon lange nach einem Nachfolger suchte. Unter anderem wurden 20 Arbeitsplätze gesichert. Außerdem möchte Hölzel den Standort Köllnitz „sensibel modernisieren und erweitern“. Seinen Aussagen zufolge investiert seine Unternehmensgruppe in der Region aktuell zwischen 250 und 300 Millionen Euro – nach dem Bau der Kurpark-Kolonnaden in Bad Saarow unter anderem in ein 5-Sterne-Hotel mit Gastronomie und Marina am Saarower Strand.
Perspektive für die Fischereigenossenschaft Köllnitz
In Köllnitz will Hölzel die Zusammenarbeit mit der Sielmann-Stiftung fortsetzen, die dort unter anderem ein Besucherzentrum betreibt. Mit dem einstigen Tierfilmer Sielmann verbindet ihn auch eine persönliche Geschichte. Als Kind saß er einst auf dem Schoß des großen Sielmann, welcher der beste Freund seines Onkels war. Außerdem stammt Hölzels Familie ursprünglich aus Brandenburg. Das Aalprojekt ist ihm daher wie die Fischerei eine Herzensangelegenheit. „Mit dem besonders starken Besatz in diesem Jahr möchten wir als neuer Eigentümer einen Beitrag zur Bestandssicherung des europäischen Aals leisten und natürlich auch für einen guten Fang in Zukunft sorgen“, sagt Hölzel.
Die ausgesetzten Glasaale werden etwa zehn bis zwölf Jahre in den Groß Schauener Seen heranwachsen, bevor sie geschlechtsreif sind. „Einen ganz kleiner Teil davon, 2 bis 4 Prozent, wollen wir in acht bis zwölf Jahren fangen und als besonders köstliches, heimisches Gericht auf die Teller der Brandenburger und Berliner bringen“, erklärt Thomas Hölzel. Aale, die nicht Opfer des Kormorans werden oder auf natürliche Weise sterben, machen sich nach der Geschlechtsreife wieder auf den Weg über die Dahme und die Spree sowie Elbe bis in die Nordsee und von dort zum Westatlantik, um zu laichen. „Wir hoffen, dass die Glasaalzahlen, die anschließend an der europäischen Küste ankommen, wieder steigen werden“, sagt er.
Brandenburgs Agrarminister Jörg Vogelsänger lobt das Engagement von Hölzel: „Er sichert Arbeitsplätze und sorgt dafür, dass Köllnitz eine Perspektive hat.“ Außerdem freut er sich über das Aalprojekt. Das sorge dafür, dass der Fischbestand im seenreichsten Bundesland Deutschlands erhalten bleibe.
Die gefangenen und verarbeiteten Fische will Thomas Hölzel künftig in den Restaurants seines Unternehmens in Bad Saarow anbieten. Daher sei der Kauf der Fischerei eine gute Ergänzung zu den Aktivitäten der Artprojekt-Gruppe. Noch in diesem Frühjahr wird es zudem wieder einen Fischladen in Bad Saarow geben – mit Produkten aus Köllnitz. Marcel Gäding