Storkower Wirtschaft und Corona: Not macht erfinderisch

Die Storkower Blumenhändlerin Kordula Braack verkaufte ihre Waren vor dem Geschäft. Foto: Marcel Gäding
Die Storkower Blumenhändlerin Kordula Braack verkaufte ihre Waren vor dem Geschäft. Foto: Marcel Gäding

Die Corona-Krise trifft Einzelhändler, Gastronomen und Unternehmen in Storkow (Mark) hart. Mit neuen Ideen versuchen die Gewerbetreibenden, ihre Existenz zu sichern. Von Marcel Gäding.

Einige Tage lang stand vor dem Blumenladen von Kordula Braack in der Burgstraße ein kleiner Tisch. Während das Geschäft mit dem Namen „Burgblüte Floralion“ geschlossen bleiben musste, nahm sie vor der Ladentür Bestellungen entgegen. „Ich habe dort einen Stift und Zettel hingelegt, sodass mir die Kunden ihre Wünsche notieren konnten“, sagt die studierte Gärtnerin.

Vor fünf Jahren hat Kordula Braack das Blumengeschäft gegenüber der Burg übernommen und gelernt, sich am Markt zu etablieren. Gegen Billigblumen aus den Discountern helfen nur Ideen. Die Unternehmerin setzt auf Qualität und punktet vor allem mit floralen Geschenkideen bei ihren Kunden. Als klar war, dass sie wegen der Corona-Krise ihren kleinen Laden nicht mehr öffnen kann, zögerte sie nicht lange und entwickelte Ideen, um einigermaßen über die Runden zu kommen. „Also habe ich das Schaufenster umgestaltet, sodass die Kunden von außen das Sortiment sehen konnten“, sagt Kordula Braack. Außerdem bewarb sie ihren Blumenlieferservice, der dankbar von den Kunden angenommen wurde. „Bis zu dreimal am Tag habe ich ausgeliefert“, erinnert sie sich. Oftmals ging das mit Folgebestellungen einher. Bei ihren Kunden bedankte sie sich mit einer kleinen Karte, eine Süßigkeit inklusive.

Kordula Braack sagt, sie sei niemand, der den Kopf in den Sand steckt. Doch bei allen Ideen, die sie hatte, um die Zeit der angeordneten Ladenschließung zu überbrücken, geht alles an die Substanz ihres kleinen Unternehmens. Um rund 90 Prozent sind die Umsätze zurückgegangen. Für ihre drei Angestellten hat sie Kurzarbeit beantragt, ebenso die Soforthilfe des Landes Brandenburg, die ihr umgehend bewilligt worden sei. Und doch freut sie sich nun, Kunden unter bestimmten Hygieneregeln wieder persönlich im Geschäft begrüßen zu können.

Ihre Nachbarin Anke Siering von der gleichnamigen Bücherstube setzte in den vergangenen Wochen auf telefonische Beratung und Onlinebestellungen. Die kamen zumeist von Stammkunden, berichtet sie. Dennoch klafft ein großes Minus in der Kasse. Rund 60 Prozent Einbußen hatte sie im März und April. Im Gegensatz zu Kordula Braack wartet sie auf die lange beantragte Soforthilfe des Landes, „doch die ist bisher noch nicht angekommen“. Hätte sie ihren 50 Quadratmeter großen Buchladen nicht wieder öffnen können, wäre es im Mai eng geworden. Froh sei sie gewesen, dass die Stadtbibliothek in dieser Zeit zahlreiche neue Bücher bestellte und auch so mancher Kunde ihrer Vermutung nach schon mal ein Buch mehr als üblich kaufte.

Storkower Gastronomen müssen weiter warten

Während kleine Läden mit einer Fläche von bis zu 800 Quadratmetern wieder unter Auflagen öffnen können, müssen Gastronomen oder Dienstleister noch warten. Susann Pielicke-Günther betreibt die von ihrer Familie nach der Wende gegründete Storchenklause, zu der nicht nur eine Gaststätte, sondern auch eine Pension mit 34 Zimmern gehört. Seit Wochen sind die Rollläden in der Rudolf-Breitscheid-Straße unten, alle Mitarbeiter in Kurzarbeit. Mit einigen Rücklagen konnte sie die erste Zeit überbrücken, nun soll ein Außer-Haus-Verkauf von Speisen zumindest etwas Umsatz bringen. „Wir wurschteln uns so durch“, sagt die Gastronomin. Wenn sich die angeordnete Schließung bis in den Mai zieht, werde es eng. „Wir haben ja weiterhin laufende Kosten“, sagt Susann Pielicke-Günther. Auf keinen Fall wolle sie die von der Politik beworbenen KfW-Kredite in Anspruch nehmen. Max Domichowski vom Altstadt-Café berichtet, dass sein Außer-Haus-Eisverkauf seit dem 3. April gut anläuft. „Wir versuchen, durchzuhalten“, sagt er. Die sechs Mitarbeiter sind derzeit in Kurzarbeit.

Auch die Mitarbeiter von Friseurmeisterin Silvia Wehner aus der Ernst-Thälmann-Straße müssen aktuell Kurzarbeitergeld beziehen und mit weniger Geld als sonst auskommen. Doch es geht nicht anders. Seit ihr Salon mit Kosmetikstudio und Fußpflege vor gut vier Wochen schloss, blieben alle Einnahmen aus. Auf die Soforthilfe wartet sie aktuell immer noch. Ihre Warenlager hat sie in der Zwischenzeit aufgefüllt, Handschuhe, Desinfektionsmittel und Masken sind für den möglichen Tag der Wiedereröffnung vorhanden. Zunächst sollen die Kunden, deren Termine gestrichen werden mussten, Ersatztermine erhalten. „Sobald wir wieder öffnen, werden wir gegebenenfalls die Öffnungszeiten ausdehnen.“ Denn Silvia Wehner rechnet mit einem großen Andrang, schließlich war es ihr und ihren Zunftkollegen quasi verboten worden, ihren Beruf auszuüben. Die Friseurmeisterin hält sich auch strikt daran, obwohl sie immer wieder Anfragen bekommt, ob sie nicht eine Ausnahme machen könnte. „Ich antworte dann ironisch, dass ich das machen kann, wenn der Kunde bereit ist, für diese Frisur 2.000 Euro Bußgeld zu bezahlen.“

Bei Alca Germany mit Sitz im Storkower Gewerbegebiet habe man sich nach Auskunft von Geschäftsführerin Nadja Lojewski zwangsläufig mit der Situation arrangiert. Der Hersteller von Fahrzeugzubehör wickelt einen Teil des Geschäftes über seine Onlinekanäle ab. „Unsere Lager sind voll“, sagt sie. Doch vor allem bei den großen Märkten im osteuropäischen Raum herrscht derzeit Stillstand. „Es geht nichts raus“, bedauert sie. Dabei hat sich Alca Germany vor allem östlich der Oder erfolgreich ein Geschäft aufgebaut, das aktuell ruht. „Deshalb müssen wir noch ein bisschen länger durchhalten.“ Das bedeutet für die Beschäftigten Kurzarbeit, etliche arbeiten von zu Hause aus. „Da ist jetzt Zeit, zu recherchieren oder die Ablage zu erledigen.“ Für die Mitarbeiter im Storkower Versandlager wurden hingegen die Hygienestandards erhöht. „Auch wird der eingeforderte Abstand zwischen den Mitarbeitern gewahrt.“ Positiv zahlen sich die Beziehungen des Unternehmens zu Partnern in China aus. Auf diese Weise konnten für das Corona-Testzentrum, die Diakonie sowie die Stadt Atemschutzmasken organisiert und gespendet werden.