Im Gespräch mit Cornelia Schulze-Ludwig: täglich neue Herausforderungen

Cornelia Schulze-Ludwig (SPD) bei einer Sitzung des Stabes für außergewöhnliche Ereignisse. Foto: Marcel Gäding
Cornelia Schulze-Ludwig (SPD) bei einer Sitzung des Stabes für außergewöhnliche Ereignisse. Foto: Marcel Gäding

Um die Ausbreitung des hoch ansteckenden Corona-Virus zu verhindern, ist das öffentliche Leben seit dem 17. März stark eingeschränkt. Storkows Bürgermeisterin Cornelia Schulze-Ludwig (SPD) reagierte umgehend und setzte einen „Stab für außergewöhnliche Aufgaben“, kurz SAE, ein. Im Gespräch mit dem Lokalanzeiger zieht sie ein erstes Fazit und erklärt, welche Herausforderungen die Stadtverwaltung zu meistern hat.

Frau Schulze-Ludwig, wir erreichen Sie für unser Gespräch telefonisch zu Hause. Auch Sie sind zeitweilig im Home-Office. Warum?
Das hat einfache Gründe: Ein Teil der Stadtverwaltung ist vor Ort im Rathaus, in den Kitas, im Hort, ein anderer Teil arbeitet von zu Hause aus. Gewechselt wird alle 14 Tage. Sollte in den Reihen unserer Beschäftigten eine Covid-19-Erkrankung diagnostiziert werden, ist die Verwaltung mit ihren untergeordneten Einrichtungen weiter arbeitsfähig. Außerdem haben wir Sorge dafür getragen, dass wir im Notfall auf die Burg ausweichen können. Ich bin in permanentem Austausch mit meinem Stab, meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie dem Landratsamt.

Ab welchem Zeitpunkt war Ihnen klar, dass die Ausbreitung des Corona-Virus auch Auswirkungen auf das Leben in unserer Stadt haben wird?
Zunächst dachte ich, dass das Virus weit weg sei. Da gab es zwar die Meldungen aus dem fernen China. Dass das Virus aber am Ende unser Leben beeinträchtigen wird, zeichnete sich bei einer Besprechung am 11. März ab: In Fürstenwalde gab es eine reguläre Beratung der Steuerungsgruppe zur Ansiedlung des Automobilherstellers Tesla. In diesem Rahmen informierte uns Landrat Rolf Lindemann darüber, dass die Sache mit Corona ernst werden wird – und kündigte eine Telefonkonferenz an. Einen Tag später erreichte uns ein Rundschreiben des Städte- und Gemeindebundes, in dem über die Ausbreitung des Virus informiert wurde. Das endete mit der Aufforderung an die Städte und Gemeinden zu prüfen, ob diese auf eine mögliche Pandemie vorbereitet sind.

Wie fiel diese Prüfung für Storkow (Mark) aus?
Negativ. Einen Pandemieplan hatten wir zu diesem Zeitpunkt nicht. Natürlich wissen wir, wie wir auf mögliche Großschadenslagen etwa durch Unwetter oder Waldbrände, also klassische Katastrophen, reagieren können. Auf eine Pandemie jedoch waren weder wir noch andere Kommunen vorbereitet.

Und dennoch haben Sie keine Zeit verstreichen lassen, erste Entscheidungen zu treffen.
Der Zufall wollte es, dass meine Bürgermeisterkollegen Frank Steffen aus Beeskow, Ralf Steinbrück aus Schöneiche und ich Anfang März an der Akademie für Krisenmanagement, Notfallplanung und Zivilschutz an einem mehrtägigen Seminar teilnahmen, für das wir uns bereits im Herbst vergangenen Jahres anmeldeten. Die Inhalte dieser Fortbildung wurden entsprechend der Corona-Entwicklung angepasst. Ein thematischer Schwerpunkt war die Bildung von Stäben für außergewöhnliche Ereignisse. An dem Wochenende des 14. und 15. März habe ich mich dann darum gekümmert, die formalen Voraussetzungen für einen solchen Stab in Storkow (Mark) zu schaffen – in Form von Dienstanweisungen. Ich bin da pragmatisch rangegangen, habe nicht gefühlt, sondern funktioniert. Ich wusste, dass es schnell gehen muss. Zudem ließen wir keine Zeit verstreichen, bereiteten unter anderem Bürgerinformationen vor. Das erste Mal tagte der Stab, dem neben mir auch die Amtsleiter, die Polizei, der Stadtwehrführer, die Öffentlichkeitsarbeit, der Personalrat und das Ordnungsamt angehören, am 16. März. Wir wussten da schon, dass es Einschränkungen des öffentlichen Lebens geben wird…

…die auch Auswirkungen auf die Verwaltung haben.
Anfangs ging es darum, bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern um Verständnis dafür zu werben, dass ihre eigentlichen Aufgaben nun erst einmal liegen bleiben und wir uns alle gemeinsam darauf einstellen müssen, die Krise zu bewältigen. Parallel mussten wir den Informationsfluss beispielsweise zu allen Stadtverordneten und Ortsvorstehern sicherstellen sowie organisatorische Entscheidungen treffen, damit die Verwaltung und nachgeordnete Einrichtungen arbeitsfähig bleiben. Mit einigem zeitlichen Abstand kann ich aber sagen, dass die Umsetzung unserer im Stab beschlossenen Maßnahmen sehr gut funktioniert und sich unsere Beschäftigten schnell auf die Ausnahmesituation eingestellt haben.

Was waren die bislang größten Herausforderungen in dieser Ausnahmesituation?
Wir müssen täglich neue Herausforderungen meistern, große und kleine. Schwierig gestaltet sich bis heute die Beschaffung von Schutzkleidung wie Masken oder Schutzanzüge. Recht schnell wurde mir klar: Wenn wir uns nicht allein kümmern, sind wir schnell verlassen. Deshalb bin ich sehr dankbar, dass wir nach einem Aufruf umgehend Unterstützung von Storkower Unternehmen, Vereinen und Privatpersonen erhielten. Nur einen Tag nach dem Hilferuf ist es uns gelungen, zunächst die Freiwilligen Feuerwehren unserer Stadt auszustatten. Ich selbst habe zudem persönliche Beziehungen genutzt, um Schutzkleidung zu beschaffen – unter anderem für unsere Einrichtungen, die niedergelassenen Ärzte, unser Testzentrum, das Alten- und Pflegeheim „Zuhause am Storkower See“, die Diakonie usw. Einer unserer Ortsbürgermeister half, für uns Desinfektionsmittel einzukaufen. Ein weiterer Punkt ist, die Festlegungen der Covid 19-Eindämmungsverordnung umzusetzen. Das Ordnungsamt wird mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus anderen Bereichen der Stadtverwaltung verstärkt, von denen sich alle freiwillig bereit erklären, auf die Straße Streife zu gehen, auch an den Wochenenden, an Feiertagen und in den Abendstunden. Ich brauchte in diesem Zusammenhang nichts anweisen.

Wie sieht Ihr bisheriges Fazit in dieser Krisenzeit aus?
Wenn wir abgestimmt reagieren, sind solche Situationen zu schultern. Allerdings kann ich jetzt schon sagen, dass wir uns für die Zukunft auf derartige Krisen vorbereiten müssen und werden. Da ist Umdenken gefragt. Meine Verwaltung hat alles im Griff und schnell verstanden, dass wir in Zeiten wie diesen nicht nur funktionieren sollten, sondern auch ein subjektives Sicherheitsgefühl vermitteln müssen. Wir sind transparent und informieren die Menschen, nicht nur über das Internet, sondern auch über Sonderausgaben des Lokalanzeigers. Informationen sind wichtig für die Bevölkerung. Ich verspüre aber verstärkt in der Bevölkerung die zunehmende Angst um die eigene Existenz oder den Arbeitsplatz, den Unmut von Eltern, die zwischen Job und Kinderbetreuung hin- und herspringen. Groß ist mein Ärger, was die Beschaffung von Schutzausrüstung durch den Bund betrifft. Das funktioniert nicht so, wie wir uns das wünschen. Dann ist da aber auch die Freude darüber, dass die Menschen und Unternehmen in unserer Stadt hilfsbereit sind und damit einen Zusammenhalt praktizieren, der die Herausforderungen erträglicher macht. Damit wird unser Leitsatz tagtäglich mit Leben gefüllt: „Wir sind Storkow!“

Das Gespräch führte Marcel Gäding.