Kampf gegen Raser in Kummersdorf

Enrico Graß, Ulrich Rinnerl und Mike Mielke vom Kummersdorfer Ortsbeirat mit einem der Messgeräte. Diese wurden aus dem Ortsteilbudget bezahlt. Foto: M. Gäding
Enrico Graß, Ulrich Rinnerl und Mike Mielke vom Kummersdorfer Ortsbeirat mit einem der Messgeräte. Diese wurden aus dem Ortsteilbudget bezahlt. Foto: M. Gäding

Spätestens ab Februar startet in Kummersdorf ein ungewöhnliches Projekt. Mit Hilfe von zwei Messgeräten werden im größten Storkower Ortsteil Fahrzeuge und Geschwindigkeiten erfasst – und das dauerhaft. Der Ortsbeirat erhofft sich dadurch ein Ende der Raserei.

Es kommt nur selten vor, dass sich Autofahrer in Kummersdorf an die Geschwindigkeitsbegrenzung halten. Kurz hinter den beiden Ortseingangsschildern weisen Schilder auf Tempo 30 hin. Doch meist interessiert sich keiner der Autofahrer dafür. Dabei gibt es einige Gründe, dass auf der gut 830 Meter langen Ortsdurchfahrt nur mit verringerter Geschwindigkeit gefahren werden darf. Die Dorfstraße, die hauptsächlich von altem Kopfsteinpflaster überzogen ist, befindet sich in keinem guten Zustand. Und: „Ist die Autobahn A12 gesperrt, donnert hier ein 40-Tonner nach dem anderen durch“, sagt Ulrich Rinnerl vom Kummersdorfer Ortsbeirat. „In manchen Häusern wackeln dann die Vitrinen und klappern die Gläser“, fügt Ortsbeiratsmitglied Mike Mielke hinzu.

Seit Jahren engagieren sich die Einwohner von Kummersdorf und die Mitglieder des Ortsbeirats dafür, dass die Hauptstraße in ihrem Dorf saniert wird. Wie viele Gespräche und Diskussionsrunden es bis heute gab, hat niemand notiert. Selbst die Hoffnung, im Rahmen einer Petition an den Brandenburger Landtag Abhilfe zu schaffen, verflog schnell. Man kann sagen: Alle Bemühungen waren bislang vergebens.

Reagiert hat der Landesbetrieb Straßenwesen nur dadurch, dass er die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 auf 30 herabsetzte. Damit soll zumindest der Lärm des Durchgangsverkehrs etwas gemindert werden. Auch will man vermeiden, dass die ohnehin schon stark beschädigte Straße weiter in Mitleidenschaft gezogen wird.

Die meisten Autofahrer ignorieren die Tempo-30-Schilder allerdings. Und das können die Kummersdorfer mit Fakten belegen. Mehrfach schon organisierten sie über die Stadtverwaltung Messgeräte, mit deren Hilfe die aktuelle Geschwindigkeit der Autofahrer ermittelt und auf einem Display angezeigt wird. „Der traurige Rekord liegt bei 128 Stundenkilometern“, berichtet Ortsbeiratsmitglied Mike Mielke. 78 km/h mehr als zulässig. Im Schnitt fuhren Autofahrer meist zwischen 56 und 58 Stundenkilometer, was ebenfalls eindeutig zu schnell ist. Ja, hin und wieder stehe ein mobiler Blitzer am Straßenrand, „allerdings immer an derselben Stelle“, wie Ortsvorsteher Enrico Graß feststellen muss. „Über Blitzer-Apps und entsprechende Funktionen in Navigationsgeräten werden Autofahrer gewarnt“, kritisiert sein Stellvertreter Ulrich Rinnerl. Einen erzieherischen Effekt hatten die Geschwindigkeitsmessgeräte mit ihren digitalen Anzeigen bislang also kaum. Womöglich auch, weil die Stadt Storkow (Mark) die wenigen Exemplare nicht dauerhaft in einem Ortsteil aufstellen kann und sie immer wieder an anderen Stellen im Stadtgebiet positioniert.

Hilfe zur Selbsthilfe ist daher in Kummersdorf angesagt. Vor gut einem Jahr kam der Ortsbeirat auf die Idee, zwei eigene Geschwindigkeitsmessgeräte anzuschaffen. Das Geld, gut 3.200 Euro für die Technik und noch einmal einige Hundert Euro für die Installation, kommt aus dem Ortsteilbudget, das grüne Licht zum Aufstellen von der Stadtverwaltung. In den nächsten Wochen werden die entsprechenden Stromanschlüsse verlegt. Entlang der Hauptstraße von Kummersdorf kann eines der Geräte dann an vier Standorten betrieben werden, während das andere über Solarmodule unabhängig vom Netz zum Einsatz kommt. „Wir erhoffen uns durch den dauerhaften Betrieb, dass Autofahrer sich einsichtig zeigen und sich an die Höchstgeschwindigkeit halten“, sagt Ortsvorsteher Enrico Graß. In anderen Ländern gehören solche Messgeräte längst zum Straßenbild, wie Mike Mielke auf seinen zahlreichen Dienstreisen feststellte. „In Großbritannien steht in jedem Ort ein solches Display. Fahren Autofahrer zu schnell, blinkt dort „slow down!“ (langsamer!) auf. In Kummersdorf reagieren die Geräte mit Botschaften wie „Zu schnell!“, „Danke!“ oder „Langsamer fahren!“.

Über eine Schnittstelle kann der Ortsbeirat dann die Daten auslesen. Und das sind etliche nützliche Informationen, die zur Verfügung gestellt werden. So ermittelt jedes Gerät über Radar die Geschwindigkeit in Fahrtrichtung, aber auch die von Autos auf der gegenüberliegenden Seite. Zusätzlich wird die Zahl der Fahrzeuge erfasst. Die Daten sollen unter anderem dazu dienen, die zuständigen Behörden von der Notwendigkeit einer baldigen Straßensanierung zu überzeugen. „Die Informationen auf den Displays können zudem zur Verkehrssicherheit beitragen, indem Autofahrer ihre Geschwindigkeit anpassen“, sagt Enrico Graß.

Schon im Februar sollen die Geräte in Betrieb gehen. In den ersten zwei Wochen nach Inbetriebnahme werden die Messgeräte zunächst ohne Display-Anzeige arbeiten, „um so einen ersten Überblick über das Fahrverhalten zu bekommen“, wie Mike Mielke sagt.

Der Storkower Lokalanzeiger wird im Laufe des Jahres unter dem Stichwort „Kummsometer“ immer wieder über die Ergebnisse berichten. (gäd.)