Corona-Virus: Eltern und Jugendliche zeigen sich unbeeindruckt von Verordnungen

Um die Ausbreitung des Corona-Virus zu verlangsamen, gelten seit Mittwoch viele Einschränkungen in Storkow. Die ernst zu nehmenden Verordnungen und Verfügungen werden aber nicht von allen befolgt, wie storkowplus.de feststellen musste. Unterdessen will die Bundesregierung am Sonnabend mit den Ländern über eine Ausgangssperre beraten. Von Marcel Gäding.

Donnerstagnachmittag in Limsdorf-Möllendorf: Auf einem Privatgrundstück spielen Teenies Fußball, während eine Mutter mit ihrer Tochter den Spielplatz des kleinen Storkower Ortsteils ansteuert. Das Schild, das die Stadt Storkow (Mark) an einer der Schaukeln befestigt hat, ist eigentlich nicht zu übersehen. „Achtung: Alle öffentlichen Spielplätze innerhalb der Stadt Storkow (Mark) schließen vorübergehend!“ ist darauf in großer Schrift zu lesen. Diese Regelung gelte auf Grund einer Allgemeinverfügung bis 19. April. Das interessiert die junge Frau nicht und setzt ihre Tochter auf die Schaukel. Stunden zuvor sammeln sich an der Burg von Storkow Jugendliche, die sich zuvor mit Alkohol eingedeckt haben. Sie verbringen ihre Zeit auf den Parkbänken. Fotos davon finden sich reichlich in den sozialen Netzwerken.

Am 17. März hatte die Landesregierung von Brandenburg die „Verordnung über Maßnahmen zur Eindämmung des neuartigen Coronavirus SARS-CoV-2 und COVID-19 in Brandenburg (SARS-CoV-2-EindV)“ veröffentlicht. Sie enthält zahlreiche Regelungen, die das öffentliche Leben im Land Brandenburg stark einschränken. Der „Stab für außergewöhnliche Ereignisse“ von Storkow (Mark) reagierte umgehend und beschilderte die Spielplätze in der Stadt und in den Ortsteilen.

Dass offenbar aber nicht alle den Ernst der Lage erkannt haben, beweist der Kommentar einer jungen Mutter auf der Facebook-Seite von storkowplus.de „Ich bin ehrlich, wenn keiner draußen ist, dann geh ich mit meinem Kind raus. Wenn schon einer auf dem Spielplatz ist, dann gehen wir auch nicht“, schreibt sie. Noch unverständlicher ist das, was ein Mitglied der Facebook-Gruppe „Storkow 4 All“ in schlechtem Deutsch von sich gibt: „Geht raus und lebt einfach euer Leben weiter trefft Freunde unternehmt irgendwas spielt euch anner pipe rum völlig wurscht aber lasst die Leute mit euren super “ intelligenten “ Aussagen von wegen bleibt zuhause außer zum einkaufen arbeiten etc. In Ruhe…“.

Polizei und Ordnungsamt kontrollieren auch am Wochenende

Dass es sich nicht um eine harmlose Virus-Erkrankung handelt, zeigt der dynamische Anstieg der Fall- und Todeszahlen. Und von allen Landkreisen in Brandenburg sei Oder-Spree jener, in dem die Zahlen am schnellsten steigen, wie Landrat Rolf Lindemann (SPD) am Donnerstag in einer Videobotschaft sagte. Doch das beeindruckt augenscheinlich einige nicht. Kanzleramtsminister Helge Braun (CDU) sagte dem Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“: „Da müssen die Ordnungsbehörden und die Polizei tätig werden. Solche nicht notwendigen Versammlungen müssen aufgelöst werden. Das ist im Übrigen auch jetzt schon ohne Ausgangssperre möglich.“ Am Sonntag will die Bundesregierung gemeinsam mit den Ländern über Ausgangssperren beraten – auch vor dem Hintergrund, dass viele Bundesbürger die Einschränkungen und Anordnungen ad absurdum führen. Storkows Bürgermeisterin Cornelia Schulze-Ludwig (SPD) kündigte unterdessen an, dass das Ordnungsamt der Stadt seine Kontrollen verstärken werde, „wobei Verstöße geahndet werden können“. Kontrollen von Ordnungsamt und Polizei werden auch am Wochenende stattfinden, sagte die Rathaus-Chefin. Sie wies noch einmal eindringlich darauf hin, dass „es jetzt an uns allen liegt, mögliche Ausgangssperren zu verhindern“ und forderte jeden Einzelnen auf, sich an die entsprechenden Verordnungen zu halten. Im Übrigen können Verstöße gegen die Allgemeinverfügungen auf der Grundlage des Infektionsschutzgesetzes mit Bußgeld geahndet werden, das unter Umständen bis zu mehrere Tausend Euro umfasst. Reagiert hat die Stadtverwaltung außerdem in einer anderen Angelegenheit: Die öffentlich frei zugänglichen WLAN-Netze – unter anderem auf der Burg – wurden stillgelegt, „um Menschenansammlungen zu vermeiden“.

Die Beschäftigten des Alten- und Pflegeheims „Zuhause am Storkower See“ appellieren: „Wir bleiben für Euch hier - Bleibt Ihr für uns Daheim“. Foto: Zuhause am Storkower See
Die Beschäftigten des Alten- und Pflegeheims „Zuhause am Storkower See“ appellieren: „Wir bleiben für Euch hier – Bleibt Ihr für uns Daheim“. Foto: Zuhause am Storkower See

Einen ganz persönlichen Appell richteten die Beschäftigten des Alten- und Pflegeheims „Zuhause am Storkower See“ an die Bevölkerung: In voller Schutzausrüstung posteten sie ein Gruppenfoto, auf dem sie ein Schild in die Kamera halten: „Wir bleiben für Euch hier – Bleibt Ihr für uns Daheim“. Die Einrichtung in Karlslust gehörte zu den Pflege- und Betreuungseinrichtungen in Brandenburg, die den Besucherverkehr umgehend auf null herunterfuhren.

Unterdessen gehen zumindest Gewerbetreibende in der Stadt Storkow (Mark) verantwortungsvoll mit der Situation um: Obwohl Friseurgeschäfte nach den neuen Regelungen weiter geöffnet haben dürften, entschied Friseurmeisterin Silvia Wehner nun, ihr Geschäft in der Ernst-Thälmann-Straße von der kommenden Woche an zu schließen. „Glaubt uns, es fällt uns nicht leicht, denn wir alle leben unseren Beruf mit Leidenschaft. Aber wir waren jetzt an einem Punkt, wo wir nur noch die Notbremse ziehen konnten“, schreibt die Unternehmerin auf ihrer Facebook-Seite. „Wir müssen uns, unsere Kinder und Familien schützen, insbesondere müssen wir aber auch Euch schützen. Ihr habt uns über so viele Jahre die Treue gehalten und wir können es nicht verantworten, dass wir vielleicht unwissentlich das Virus auf Euch übertragen.“

Max Domichowski, Betreiber des Altstadt-Cafés in Storkow, hat seinen Laden seit dem heutigen Freitag geschlossen: „Auch wir fühlen uns aufgrund aktueller Umstände […] verpflichtet, bei der Eindämmung mitzuwirken“, teilte er seinen Kunden mit.

Ganz andere Probleme hingegen beschäftigt das Unternehmen Plukon, das mit der Marke Friki Geflügel züchtet und verkauft. „Die Nachfrage ist extrem gestiegen und polnische Kolleginnen und Kollegen können zur Zeit aufgrund der Grenzsituation nicht zur Arbeit pendeln“, teilt das Unternehmen mit. „Wir wissen, dass aufgrund der aktuellen Situation viele Menschen, die u.a. in der Gastronomie gearbeitet haben, um ihre Existenzen bangen. Bei Plukon gibt es Beschäftigungsmöglichkeiten und damit neue Perspektiven.“ Interessenten könnten sich unter der Rufnummer 033678 404318 melden.

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