Ausgelastete Kliniken, der Rettungsdienst am Rande seiner Kräfte: Wegen der rasant steigenden Zahl von Corona-Infizierten ruft der Landkreis Oder-Spree vom morgigen Montag an den Notstand aus. Damit werden ehrenamtliche Retter des Katastrophenschutzes, darunter der Freiwilligen Feuerwehren, in Alarmbereitschaft versetzt.
„Das im Zusammenhang mit dem Coronavirus stehende Infektionsgeschehen im Landkreis Oder-Spree führt zu Personalengpässen, Stationsschließungen sowie zu einer erhöhten Auslastung der Bettenkapazitäten in den Klinken und Pflegeeinrichtungen“, teilte der Landkreis Oder-Spree am Sonntag mit. „Die Verlegung von schwerkranken Covid-19-Patienten in externe Kliniken außerhalb des Kreisgebietes, interne Verlegungen zwischen den Standorten der Kliniken im Landkreis Oder-Spree, Entlastungs- und Dialysefahrten sind dringend erforderlich und führen zu einem stark erhöhten und zusätzlichen Transportaufkommen.“ Aus der zunehmenden Fallzahl ergebe sich aufgrund der hohen Auslastung der Kliniken, den steigenden Neuinfektionen, der täglichen Patientenzuströme sowie der begrenzten Personalkapazitäten in den Kliniken eine Gefährdung für eine erhebliche Anzahl von Personen. „Da die Infektionszahlen stetig zunehmen und mit einer Trendumkehr nicht kurzfristig gerechnet werden kann, ist von einer sich weiter zuspitzenden Situation auszugehen.“
Ab Montag wird daher ein Großschadenereignis ausgerufen, wie es im Behördendeutsch heißt. Das Einsatzstichwort lautet „Massenanfall von Erkrankten“. Im Rahmen einer Großschadenslage greift der Landkreis nun auf alle vorhandenen Kapazitäten des Brand-, Zivil- und Katastrophenschutzes zurück. Eine entsprechende Information ist am Sonntag auch an die rund 300 aktiven ehrenamtlichen Feuerwehrkameradinnen und -kameraden der Stadt Storkow (Mark) weitergeleitet worden. Über eine eigene Leitstelle kann der Landkreis die notwendigen Einsätze – darunter Verlegungen in andere Krankenhäuser oder Pflegeheime – koordinieren, die bislang vom Rettungsdienst übernommen worden waren. „Die Verlegung von Patienten zwischen den Krankenhäusern sowie die weitere Transportfähigkeit von Bewohnerinnen und Bewohnern von Alten- und Pflegeheimen zu medizinischen Behandlungen kann nicht mehr länger durch den Rettungsdienst sichergestellt und geleistet werden. Dies hat uns dazu veranlasst, die Großschadenslage für den Landkreis Oder-Spree ab Montagmorgen festzustellen“, sagt Rolf Lindemann (SPD), der Landrat des Landkreises Oder-Spree. „Alle einzubeziehenden Einrichtungen und Institutionen wurden über die Feststellung in Kenntnis gesetzt und die benötigten Strukturen des Katastrophenschutzes wurden hochgefahren.“ Darunter befindet sich auch ein großer Fuhrpark, der in den vergangenen Jahren mit Mitteln des Landkreises erweitert wurde.
Wie ernst die Lage ist, fasst Michael Buhrke (SPD), der Beigeordnete für Brand-, Zivil- und Katastrophenschutz des Landkreises Oder-Spree, zusammen: „Im Grunde genommen sind die Krankenhäuser und auch die Intensivstationen vollgelaufen. Es ist auch abzusehen, dass sich diese Lage anhand des gegenwärtigen Infektionsgeschehens in den kommenden Wochen noch weiter zuspitzen wird.“ Mit der Feststellung der Großschadenslage solle die Versorgung der Alten- und Pflegeheime auf der einen und die Versorgung aller Patienten in den Krankenhäusern und an Unfall- und Einsatzorten des Rettungsdienstes auf der anderen Seite sichergestellt werden. Die ehrenamtlichen Kräfte des Brand-, Zivil- und Katastrophenschutzes sollen finanziell vom Landkreis entschädigt werden.
Derzeit gibt es im Landkreis Oder-Spree 1.052 Menschen, bei denen eine Covid-19-Infektion nachgewiesen wurde. Seit Beginn des Pandemiegeschehens wurden auch 68 Todesfälle registriert. Die 7-Tage-Inzidenz, die Anzahl der in den letzten sieben Tagen neu gemeldeten Fälle pro 100.000 Einwohner, lag in Oder-Spree laut der Daten des Landesamtes für Arbeitsschutz, Verbraucherschutz und Gesundheit (LAVG) am Sonntag bei 403,24.
In den Krankenhäusern des Landkreises Oder-Spree werden derzeit 131 Personen mit dem Coronavirus behandelt. Darunter befinden sich zwölf Personen auf der Intensivstation, zehn davon werden beatmet. 2.520 Einwohnerinnen und Einwohner des Landkreises befinden sich derzeit in Quarantäne.
Die Zahl der Fälle hatte sich innerhalb von zwei Wochen rasant gesteigert: Registrierte das Gesundheitsamt in der 49. Kalenderwoche 319 neue Positivfälle, waren es in der 51. Kalenderwoche bereits 721. (mbg/los)